422‘529. So viele Menschen, die 80 oder älter sind, leben heute in der Schweiz. 2060 werden es über eine Million alte Menschen sein. Heute schon Realität: Viele Seniorinnen und Senioren wohnen alleine und haben kaum Kontakt mit der Aussenwelt. Sie vereinsamen.
In Pflegeheimen ist es nicht besser: Das Personal arbeitet unter enormem Zeitdruck, rennt von einem Patienten zum nächsten. Da bleibt gerade genügend Zeit, den körperlichen Bedürfnissen der alten Menschen nachzukommen. Für den zwischenmenschlichen Kontakt reicht es nicht mehr. Die Folge: seelische Verwahrlosung. Das ist nicht nur in der Schweiz ein Problem. Auch andere Länder in Europa kämpfen mit dieser demografischen Entwicklung.
Seelische Verwahrlosung
Am internationalen Filmfestival in Nyon zeigt der holländische Regisseur Sander Burger einen Film über die Einsamkeit alter Menschen und verfolgt ein spannendes Forschungsprojekt. «Ik ben Alice» ist eine einfühlsame Dokumentation über den Roboter Alice. Alte Menschen erhalten diesen Computer mit dem Kopf einer Kinderpuppe und dem Körper eines Maschinenwesens. Alice soll mit den Rentnern kommunizieren und sie aus der Einsamkeit befreien. Verrückt oder revolutionär?
Die alten Damen, die am Forschungsprojekt teilnahmen, reagierten sehr positiv auf Alice. Sie hätten so viel mit Alice gesprochen, erzählt Regisseur Sander Burger, dass sie während der Dreharbeiten am Nachmittag total erschöpft einschliefen.
Wird in Zukunft ein Roboter unsere Rentner pflegen?
Der Dokumentarfilm «Ik ben Alice» läuft am «Visions du Réel» in Nyon im Wettbewerb. Er zwingt den Zuschauer, darüber nachzudenken, wie wir in Zukunft mit den alten Menschen umgehen wollen. Ist es ethisch vertretbar, dass wir den Rentnern eine sprechende Puppe ins Wohnzimmer stellen? Werden wir ihnen damit gerecht? Oder wäre es sinnvoll, mehr Geld für die Pflege der älteren Generation auszugeben?
Momentan ist noch keine gute Lösung in Sicht, aber es ist an der Zeit, sich Gedanken zu machen, wie es weitergehen soll. Denn bestimmt werden nicht viele Menschen glücklich sein, wenn der einzige Freund im Alter ein 60 Zentimeter grosser sprechender Roboter ist, der eher an das Filmmonster «Chucky, die Mörderpuppe» erinnert als an ein menschliches Wesen.