Der 85jährige Kabarettist will sich noch einmal richtig austoben. Und das auf einer «Spielwiese für Störenfriede», wie Dieter Hildebrandt seine neue Plattform «Störsender.tv» selbst untertitelt. Hier funkt er jetzt der Obrigkeit dazwischen, mit einer Mischung aus Journalismus, Kabarett und Mitmach-Politik.
Alt bekannte scharfe Zunge
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Die erste Folge der Sendung heisst «Finanzkasinokapitalismus», ist seit Ostern online und dauert 40 kurzweilige Minuten. Das Thema ist zwar alles andere als neu, die Herangehensweise jedoch schon: Ein Lied von Konstantin Wecker begleitet die Worte eines Wirtschaftswissenschaftlers und ein Comic führt das Thema mit einem Augenzwinkern vor. Zwischen den unterschiedlichen Einspielungen resümiert und kommentiert Dieter Hildebrandt vom Münchner Schreibtisch aus, mit alt bekannter scharfer Zunge: «Genaugenommen ist ja der Euro heute die Nutte und die Banken sind die Zuhälter. Noch nie gab es so viele Schlauköpfe, die unbedingt die Zuhälter schützen wollten.»
«Neue Bedeutung von Infotainment»
Nachdem Hildebrandt fast 50 Jahre mit seinem politischen Fernsehen über die Mattscheibe flimmerte, findet er jetzt im Internet die lang ersehnte redaktionelle Freiheit. Im Netz ist «Störsender.tv» an keine Rundfunkanstalt gebunden und Hildebrandt nur sich selbst und seinem demokratischen Verständnis verantwortlich.
Die traditionellen Medien wie der «Tagesspiegel» oder «Die Zeit» besprechen die Sendung positiv, die Kabarett-Expertin Beate Moeller sieht in dem Format sogar eine «völlig neue Bedeutung von Infotainment»: Informationen werden nicht einfach leicht verpackt, sondern gekonnt mit Kabarett kombiniert.
Finanziert durch Crowdfunding
Neben Hildebrandt wird in Zukunft das «Who’s who» der deutschen Kabarettszene zu sehen und hören sein: So u.a. HG.Butzko, Georg Schramm, Frank-Markus Barwasser («Pelzig») und Gerhard Polt. Und alle ohne Gage. Denn der «Störsender» ist in den Köpfen von Dieter Hildebrandt und dem Redakteur Stefan Hanitzsch als unabhängiges Satire-Magazin entstanden und wurde allein durch Spenden finanziert: 150‘000 Euro sind für die Produktion der ersten Staffel durch einen Aufruf auf der Crowdfunding-Plattform «startnext» zusammen gekommen.
Medien-NGO
Auch in Zukunft soll die Plattform eine Mitmach-Seite sein. Die 20 geplanten Folgen und alle Aktionen bleiben zwar für jeden frei zugänglich, zahlende Abonnenten können Programm und Kampagnen aber mit beeinflussen.