Wer macht es nicht? Mobiltelefon zücken, Arm ausstrecken, hochhalten, lächeln, abdrücken. Ein Selfie zeigt: Schaut mal her, ich war auch da! Inzwischen helfen Selfie-Stangen und verlängern künstlich den Arm. So geht, neben einem selbst, mehr aufs Foto.
Cannes' Festivaldirektor Thierry Frémaux macht es nicht. Oder zumindest nicht mehr. Denn Selfies sind zeitraubend. Um für einen planungsgemässen Ablauf auf dem roten Teppich zu sorgen, hat er sich gegen die digitalen Selbstporträts ausgesprochen. Es ist kein Verbot, eher eine Aufforderung an seine Gäste, sich zurückzuhalten. «Albern und grotesk», findet Frémaux das Spiel mit dem Telefon auf seinem roten Teppich. Ausserdem sähe man nirgendwo hässlicher aus als auf einem Selfie.
Das unfreiwillige Selfie
Er ist damit nicht allein. Isabelle Chassot vom Bundesamt für Kultur pflichtet Frémaux ebenso bei wie ihr Sektionschef Ivo Kummer. Weniger Selfies auf dem roten Teppich: Ein Thema, das auf Grossveranstaltungen weltweit immer wieder diskutiert wird. Zuletzt gab es ein Verbot Anfang Mai auf der jährlichen Gala im New Yorker Metropolitan Museum of Art.
Eines lässt sich bis jetzt feststellen: Bisher hielten sich die Teppichläufer in Cannes zwar zurück, aber einige Selfies wurden bereits geschossen – wenn auch nicht immer ganz freiwillig, wie es scheint. Dass er den Volkssport Selfies nicht ganz unterbinden kann, ist Frémaux klar. Sein Vorschlag zur Güte: ein Parallelteppich, auf dem Selbstverliebte stundenlang vor der Kamera posieren dürfen. Doch ob das dann noch so begehrt ist?