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Filmmarkt in Cannes Millionendeals für unfertige Filme

Für riesige Summen werden in Cannes Filmrechte verkauft. Für kleinere Verleiher werden die Rekordpreise zum Problem.

Die eine Treppe in Cannes führt hinauf ins Palais des Festivals: Ausgelegt mit rotem Teppich, täglich betreten von grossen Stars, begleitet vom Blitzlicht hunderter Fotografen. Die andere Treppe führt hinab ins Untergeschoss des Festivalpalais.

Kein Teppich, nur kühler Stein. Tausende Menschen frequentieren diese Treppe täglich. Sie führt hinunter zum Marché du Film, dem internationalen Filmmarkt.

Diese Menschen entscheiden hier seit 60 Jahren in unspektakulärer Messe-Atmosphäre über das Los neuer Filme.

Wie der Wochenmarkt auf dem Bundesplatz

«Der Markt funktioniert wie unser schöner Wochenmarkt auf dem Berner Bundesplatz», sagt Beki Probst, die Grande Dame der Filmindustrie. «Nur wird hier kein Gemüse verkauft, sondern Filme.» Die kleine Frau mit den hellwachen Augen besucht den Filmmarkt in Cannes seit Jahrzehnten.

Beki Probst

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Beki Probst (geb. 1940) gehört zu den grössten Kennerinnen des internationalen Filmmarktes.

In Locarno baute sie in den 1980er-Jahren die «Trade-Show» auf, wo Verleiher den Filmbesitzer neue Filme zeigten und verkauften. Unter ihrer Leitung wurde auch der «European Film Market» zu einem der grössten Filmmärkte der Welt.

Zudem leitete Beki Probst bis 2014 die Berner Quinnie Cinemas, gehörte zur Programmkommission von Locarno und war Direktorin des Flimfestivals in Genf.

Sie erhielt dieses Jahr den Ehrenpreis des Schweizer Filmpreises für ihr wegweisendes Engagement für die Kinolandschaft in der Schweiz und international.

Wenn der Handel in Cannes beginnt, werden teilweise Filme verkauft, die noch nicht einmal abgedreht sind. In diesem frühen Stadium kommen jene Filme ins Angebot, die erfolgreiche Stars, Regisseurinnen, Drehbuchautoren oder Produzentinnen vorweisen können.

Der grosse Rest wird verkauft, nachdem sich potentielle Käufer die Filme in extra angesetzten Vorführungen angeschaut haben.

Streamingdienste bedrohen die Kleinen

Jedes Jahr sorgen aussergewöhnliche Deals für Schlagzeilen in der Fachpresse. Dieses Jahr der Film des französischen Regisseurs Ladj Ly. «Les Misérables» ist der erste Langspielfilm des Filmemachers.

Er wurde nach der Weltpremiere von den Amazon Studios für 1.5 Millionen Dollar erworben. Zuletzt soll laut «Variety» auch Netflix mitgeboten haben, so dass der Preis in diese Höhe schnellte.

Für Beki Probst ist das ein Problem. «Les Misérables» sei kein Blockbuster-Film, der Preis aber so hoch wie bei einem weltweiten Kassenerfolg.

Kleinere Verleiher und Arthouse-Kinos könnten bei diesen Preisen bald nicht mehr mithalten. Sie würden damit um Filme gebracht, die in ihr Portfolio gepasst hätten.

Millionendeals für Mega-Blockbuster

Im zweistelligen Millionenbereich befinden sich die weltweiten Filmvertriebsrechte für vorhersehbare Kassenknüller.

Paramount Pictures kaufte in Cannes etwa die Actionkomödie «Down Under Cover» mit Chris Hemsworth und Tiffany Haddish in den Hauptrollen. Regie führten die Russo-Brüder, die auch den Mega-Blockbuster «Avengers: Endgame» verantworten, der gerade mit dem besten Kinostart aller Zeiten von sich reden machte.

Für «Down Under Cover» legte Paramount im Untergeschoss des Palais 50 Millionen US-Dollar auf den Tisch.

Laut «Variety» liegt auch die Verkaufssumme des neusten Sci-Fi-Spektakels von Regisseur Roland Emmerich in dieser Preisklasse. Allerdings wurden die Rechte für «Moonfall» für diese Summe in gerade einmal zwei Länder verkauft: nach Deutschland und in die Schweiz.

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