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Filmstart diese Woche: «Yes No Maybe»
Aus Kultur Extras vom 18.11.2015.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten.
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Film & Serien Ist Liebe nur eine Utopie? «Yes No Maybe» sagt ein neuer Dokfilm

Kaspar Kasics beobachtet in «Yes No Maybe» zwei grundverschiedene Pärchen. Mit seinen parallel montierten Paarstudien lädt der Schweizer Regisseur dazu ein, vertieft über Zweierkisten nachzudenken. Melancholisch deutet der Film an, wie schlecht romantische Liebe zur Multioptionsgesellschaft passt.

Hannah und Samuel Robertson aus Portland, Oregon sind unzertrennlich. Essen, kochen, putzen, schlafen, arbeiten, musizieren, philosophieren – alles tun sie gemeinsam, um möglichst viel Zeit zusammen zu verbringen. Auf den ersten Blick sind die zwei ein Traumpaar. Beide investieren unendlich viel in ihre Partnerschaft; wollen, dass sich der andere wahrgenommen, verstanden und geliebt fühlt. Ihre hohe Aufmerksamkeit steigert jedoch nicht nur die Harmonie, sondern auch das Erkenntnisvermögen. Und so wird ihnen allmählich schmerzlich bewusst, dass ihre Zweierkiste nie perfekt sein wird.

Audio
Michael Sennhauser über «Yes No Maybe»
aus Kultur kompakt vom 19.11.2015.
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 52 Sekunden.

Die Liebe am Ende?

Für den deutschen Schriftsteller und Philosophen Sven Hillenkamp sind die Zeiten der Liebe vorbei. In «Yes No Maybe» erläutert er die Kernthese seines Buchs «Das Ende der Liebe»: In der westlichen Welt herrscht heute ein Mass an Freiheit, das die romantische Liebe nicht nur bedroht, sondern geradezu verunmöglicht.

Die unbegrenzten Möglichkeiten, den aktuellen Partner durch einen scheinbar passenderen zu ersetzen, sind ein veritabler Beziehungskiller. Das beliebige Ausprobieren und Austauschen entzieht der romantischen Liebe die Grundlage, nämlich als ein einmaliges Abenteuer gewagt und empfunden zu werden.

Von hinten photographiertes Liebespaar, das auf einem Baumstamm am Strand sitzt.
Legende: Verliebte gibt es wie Sand am Meer. Doch ein ganzes Leben lang hält die Liebe nur ganz selten. Vincafilm

Hillenkamps Fazit seiner Spurensuche nach Liebe in der Multioptionsgesellschaft fällt daher ernüchternd aus: «Ich habe niemanden gesehen, der das alles, was wir zusammen Liebe nennen, gefunden hätte. Niemanden.» Die israelisch-französische Soziologin Eva Illouz, die dem Film als zweite Expertenstimme dient, zieht ähnliche unsentimentale Schlüsse: «Das Ende der Liebe könnte man mit dem Licht eines Sterns vergleichen, der vor langer Zeit verschwunden ist, uns aber immer noch blendet. Wir verwechseln das Licht des Sterns, das romantische Image, mit dem Stern, der Liebe selbst. Doch dieser existiert nicht mehr.»

Via Internet ins Ehebett

«Yes No Maybe» als reinen Abgesang auf die Liebe zu verstehen, wäre dennoch falsch. Trotz der leisen Melancholie, die Kaspar Kasics' Film verströmt, kann man die porträtierten Zweierkisten auch als Erfolgsgeschichten lesen. Ja, man muss sogar annehmen, dass die zweite Love Story ohne Social Media nie stattgefunden hätte.

SRF-Koproduktion

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Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) hat diesen Film koproduziert.

Wie viele Schweizer lernte Peter Mäder seine Frau online kennen. Als sich die mehrfach Geschiedenen dann auf der Krim real begegneten, konnten beide ihr Glück kaum fassen. Tanja Jurijwna Voronyaska entspricht in keiner Weise dem Klischee der jungen Ukrainerin, die um jeden Preis in den Westen will. Ihr Ziel ist eine harmonische Partnerschaft nach dem Vorbild der Eltern. Dafür verlässt sie schliesslich ihre Heimat.

Der grosse Kontrast zwischen den zwei dokumentierten Liebesgeschichten soll dem Publikum dabei helfen, das Universelle vom Spezifischen zu trennen. «Weil sich die Gegensätze erhellen», wie Regisseur Kasics im Presseheft präzisiert. Die Tiefe seiner Dokumentation hängt damit stark vom Engagement der Zuschauer ab. Von «Yes No Maybe» nur lose geführt, liegt es an ihnen, sich mit tiefschürfenden Fragen zur Liebe selbst herauszufordern.

Kinostart: 19.11.2015

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