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Porträt Kaspar Kasics.
Legende: «Wir haben versucht, das Denken wieder in die Politik zu bringen», sagt Dokumentarfilmer Kaspar Kasics. yesnomaybe-film.com

Gesellschaft & Religion «In der Politik wird nicht mehr gedacht»

35 Kunstschaffende kandidierten in Zürich mit «Kunst + Politik» für den Nationalrat, darunter Autorin Ruth Schweikert, Schauspielerin Mona Petri oder Musiker Daniel Fueter. Es reichte bei Weitem nicht für einen Sitz. Dokfilmer und Kandidat Kaspar Kasics ist mit dem Resultat dennoch zufrieden.

Kaspar Kasics, überrascht Sie Ihre Nicht-Wahl in den Nationalrat?

Kaspar Kasics: Sie überrascht mich natürlich vollkommen! Ich habe schon ein Zimmer in Bern gebucht für die Session und das GA gekauft und muss jetzt schauen, wie ich das wieder zurückgeben kann (lacht). Im Ernst: Wir wussten alle, dass unsere Chancen absolut minim sind. Aber wir wollten ein Zeichen setzen und zeigen, dass wir auch in der Politik mitreden wollen. Es braucht in der Politik auch andere Stimmen als die parteipolitischen Stimmen, von denen man immer die gleichen mit den gleichen Fragen hört.

Die Gruppe «Kunst + Politik» bekam gestern in Zürich fast 81'000 Stimmen. Das ist ein Wähleranteil von 0,54 Prozent. Warum haben weder Sie noch Ihre 34 Kolleginnen und Kollegen das Zürcher Stimmvolk überzeugen können?

Kaspar Kasics

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Kaspar Kasics (geb. 1952 in Interlaken) studierte Deutsch, Philosophie, Geschichte und Englisch. Danach arbeitete er bei SRF. Seit 1990 ist er selbständiger Regisseur und Produzent. 2015 kandidierte Kasics für den Nationalrat. Sein nächster Dok «Yes No Maybe» kommt am 19. 11. in die Kinos.

0,5 Prozent ist eine erstaunliche Zahl für einen Nullstart. Denn wir haben uns erst etwa vor fünf Monaten zusammengeschlossen. Wir hatten kein Budget, machten nur ein Flugblatt und organisierten zwei Veranstaltungen. Deswegen zeigt die Stimmenzahl, dass wir wahrgenommen wurden. Um auf mehr Stimmen zu kommen, hätten wir viel mehr Vorbereitungszeit gebraucht und viel mehr Veranstaltungen machen müssen. Nur ist das für uns Kunstschaffenden nicht ganz einfach. Wir sind alle selbstständig, mit eigenen Projekten unterwegs und können nicht einfach so viel Zeit investieren. Wir müssen ab jetzt versuchen, eine längerfristige Aufbauarbeit zu machen.

Sie wollen also weitermachen?

Auf jeden Fall. Wir sind auch nicht primär nur an einem Mandat interessiert. Wir wollen auch, dass die vielfältigen Stimmen der Kulturschaffenden, die viel zu sagen haben und die viele neue und andere Ideen in die Politik einbringen können, gehört werden und wieder eine Geltung haben.

Jemand, der gehört wurde, war letzte Woche der Schriftsteller Lukas Bärfuss. Er kandidierte allerdings nicht auf der Liste von «Kunst + Politik». Was braucht es, damit Kulturschaffende in der neuen politischen Landschaft gehört werden?

Es braucht genau so etwas wie unsere Liste. Es braucht diesen Zusammenschluss, der dahintersteht. Das war auch für mich persönlich eine unglaubliche Erfahrung, mit Leuten aus so vielen Kulturbereichen an einem Tisch zu sitzen und über politische Fragen zu diskutieren und Ideen zu entwickeln. Nur: Diese Ideen und unsere Art zu kommunizieren müssen wir an die Öffentlichkeit tragen, mit Veranstaltungen, mit Texten, Interventionen. Das ist eine Arbeit, die wir jetzt anpacken werden.

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Sie wollen vieles anpacken, damit es in vier Jahren anders wird. Wie soll das konkret aussehen?

Wir sind alle durch unser Schaffen politisch. Man hört uns auch durch unsere persönliche Arbeit: Das hatte natürlich auch einen Einfluss auf diese Stimmen. Wir sind nicht niemand, aber wir müssen politisch expliziter werden. Wir müssen Aktionen machen, Manifeste schreiben – ähnlich wie Lukas Bärfuss, aber im Kollektiv.

Sie konnten gestern fast 81'000 Stimmen mobilisieren. Wenn Sie aber einen Nationalratssitz wollen, braucht es etwa fünfmal so viele Stimmen. Ist das machbar?

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Wenn wir in fünf Monaten so viele Stimmen machen und das mit einem einzigen Flugblatt und zwei Veranstaltungen nur in der Stadt Zürich, dann ist das ein unglaublich positives Resultat, auf dem wir aufbauen können. Ich bin da nicht pessimistisch. Die Leute schätzen es, dass andere Leute gegen die Boulevardisierung der Politik angehen und versuchen, neue Ideen zu entwickeln. Geschätzt wird auch, dass wir anders miteinander reden. An der Veranstaltung haben wir erlebt, dass die Politiker immer im gleichen Jargon nur ihre Parteiparolen gepredigt haben. Wir haben versucht, das Denken wieder in die Politik zu bringen. Ich glaube das ist das grosse Problem: In der Politik wird nicht mehr gedacht.

Sendung: Kultur aktuell, SRF 2 Kultur, 19.10.2015, 8.10 Uhr

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