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Kostenlose Filmschule Der Weg aus der Banlieue führt über den roten Teppich

Shooting-Star Ladj Ly hat in der Banlieue eine Filmschule gegründet. Sie soll Talenten aus den verschrienen Vorstadtvierteln auf die Sprünge helfen.

In einem kleinen Unterrichtsraum sitzt ein gutes Dutzend junge Frauen und Männer an Tischen. Sie heissen Ibou, Aladine, Florence, Rodrigue oder Ming und sind seit letzten Oktober Schüler der Filmschule Kourtrajmé, Sektion Regie.

Prominente Unterstützer aus der Filmbranche

Heute kommt ihr Lehrer mit einer Gastdozentin in die Klasse. «Casterin Judith Chalier», stellt er sie vor. Die Schüler applaudieren spontan. Die Mittdreissigerin hat einen Namen in der französischen Filmbranche.

Sie hat den Kinoerfolg «La vie d'Adèle» gecastet, der 2013 mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet wurde. Auch die Besetzung der Mini-TV-Serie «Les Sauvages» geht auf ihr Konto. Ein politischer Thriller über zwei französische Brüder maghrebinischer Herkunft, der im Herbst 2019 gelaufen ist.

Eine junge Frau hält eine kleine Videokamera in der Hand
Legende: Diese Schule ist nicht nur für Privilegierte: Schülerin der École Kourtrajmé bei einem Dreh. école Kourtrajmé

Erfolgreiche Profis kommen regelmässig in die kleine, aber feine Filmschule der Pariser Banlieue: Regisseure, Drehbuchautoren, Kameraleute; auch Stars wie der Schauspieler Vincent Cassel oder Filmemacher Mathieu Kassovitz. Sie geben ihr Know-how an die Schüler weiter, versorgen sie mit wertvollem Insiderwissen.

1500 Bewerbungen für 30 Plätze

Eine Etage tiefer, in einem der Büros der Filmschule, sitzt Penda vor dem Computer. Die junge Frau gehört zum Kourtrajmé-Ausbilderteam, ist verantwortlich für den Fachbereich Produktion. 1500 Bewerbungen für dreissig Plätze habe die kleine Filmschule allein im letzten Herbst bekommen, erzählt sie.

Es sei extrem schwierig gewesen, die Schüler auszuwählen. «Sie haben so viel Talent, sich auch schon vieles selbst beigebracht», ist Penda beeindruckt.

«Bei uns gibt es keine Diskriminierung»

In der École Kourtrajmé bekommen Talente aus den Banlieuevierteln eine Chance, die ihnen traditionsreiche Filmschulen wie die renommierte Pariser Fémi nicht geben. Sie ist kostenlos, Schulabschlüsse sind keine Voraussetzung. «Hier entscheiden Ideenreichtum und Motivation», versichert Penda.

Ladj Ly lacht.
Legende: Hat Grund zu lachen: Ladj Ly, der Gründer der Schule, gewann in Cannes für «Les Misérables» den Jurypreis. Getty Images / Matt Winkelmeyer

Im Herbst 2018 hat der französische Filmemacher Ladj Ly, dessen Eltern aus Mali eingewandert sind, die Schule in der Pariser Banlieue gegründet. In dem Einwanderergetto, in dem er selbst aufgewachsen ist.

Investieren in die Banlieue

Anfangs hat nur das Departement Seine-Saint-Denis die École Kourtrajmé finanziell unterstützt. Als Filmemacher Ly ein halbes Jahr später in Cannes den Jurypreis für sein Regiedebüt «Les Misérables» bekommt, springen andere auf: die französische Filmförderung, das öffentlich-rechtliche Fernsehen und Sponsoren aus der Wirtschaft.

Die Gelder seien keine milden Gaben, sondern lohnende Investition, sagt Amadou Ly, Bruder und rechte Hand Ladj Lys. «Man hat begriffen, dass unsere Schüler mit denen der grossen Filmschulen absolut mithalten können.»

Ladj Ly ist ein Vorbild

Mourad, der erst seit Oktober an der Schule ist, hat gerade sein Drehbuch für einen zwanzigminütigen Kurzfilm an France Television verkauft, darf sogar Regie führen.

Bis vor Kurzem hat der 42-Jährige noch bei Amazon in der Logistik gearbeitet, immer nach Feierabend zu Hause Drehbuchgeschichten geschrieben. «Leute wie Ladj pushen dich, dein Ding zu machen. Filme, wie du sie dir vorstellst», sagt Mourad.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 24.02.2019, 17:20.

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