Die Serie «Sex Education» dreht sich um Sex, Sex und nochmals Sex – aus der Jugendperspektive. Die Serie kommt an. Laut Netflix wurde sie im ersten Monat 40 Millionen Mal gestreamt.
Auch Expertin Annelies Steiner von der Stiftung Sexuelle Gesundheit Schweiz kann der Serie «Sex Education» viel abgewinnen.
«Sie schafft es, auf eine sehr humorvolle Art und Weise, ein ganz breites Spektrum von Themen rund um Beziehung und Sexualität aufzugreifen», so die Sexualpädagogin.
Auch die Auswahl der Themen überrasche sie positiv. «Etwa die LGBTQ-Themen, wo es um sexuelle Orientierung geht. Was mir auch sehr gut gefallen hat, ist die Thematisierung von ‹Consent›, also gegenseitiges Einverständnis in den Beziehungen.»
Therapie im Mittelpunkt
Gute Ansätze, interessante Geschichten. Doch taugt die Serie, die in einer Schule spielt, zur Aufklärung, wie der Titel «Sex Education» verspricht?
«In der Serie werden das therapeutische Setting und die Bildungsebene der Sexualaufklärung vermischt», sagt Steiner. «Im Unterricht werden Informationen über Sexualität und Partnerschaft vermittelt – aber es wird nicht auf einzelne Probleme eingegangen.»
In der Sexualkunde wolle man nicht, dass Kinder und Jugendliche von ihren persönlichen Erfahrungen erzählen. «Das sollen sie in einem geschützten Rahmen machen, aber nicht unbedingt in der Schule.»
In der Serie steht tatsächlich die Beratung im Mittelpunkt. Protagonist Otis berät seine Mitschülerinnen und Mitschüler bei ihren Problemen gegen Geld.
Eltern, Lehr- und Fachpersonen
Bei der Sexualaufklärung sei der Dialog wichtig. Alleine eine Serie zu gucken, greife da zu kurz, so Steiner. Die Stiftung Sexuelle Gesundheit Schweiz empfiehlt ein sogenanntes Kooperationsmodell aus verschiedenen Ansprechpersonen.
«Wichtig sind die Eltern, die Lehrpersonen, aber auch externe Fachpersonen wie Sexualpädagoginnen und -pädagogen.» Die Jugendlichen sollen Fragen stellen können und sich untereinander austauschen.
Die Serie könne allerdings einen guten Ausgangspunkt für solche Gespräche bilden. In ihr seien die Fakten richtig dargestellt, sagt die Expertin. Insgesamt fehle es jedoch an Tiefe.
«Man würde in einer Beratung nicht nur sagen, dass Chlamydien nicht über die Luft übertragen würden, wie es im Film dargestellt wird. Man würde auch Fragen beantworten wie: Was sind Chlamydien? Wie kann man sich vor ihnen schützen? Wie spreche ich mit meiner Partnerin oder mit meinem Partner darüber?»
Dramatisiert, aber unterhaltsam
«Sex Education» ist sehr explizit. Nackte Brüste, unverhüllte Penisse, kopulierende Paare gibt es zuhauf. Solches sei unproblematisch, sofern man sich ans empfohlene Alter ab 16 Jahren hält, sagt Steiner: «Es wäre auch naiv zu glauben, dass Jugendliche in diesem Alter solche expliziten Bilder noch nicht gesehen hätten.» Natürlich sei einiges überzeichnet und manchmal etwas arg dramatisiert. Doch das macht letztlich gute Unterhaltung ja auch aus.