Tennis spielt man zu zweit oder zu viert. Die Hauptfiguren in Star-Regisseur Luca Guadagninos «Challengers» sind zu dritt. Unglück im Sport, Unglück in der Liebe: Auch beim Anbandeln ist die dritte Person meist zu viel.
Zuerst sind sie noch zu zweit: Art und Patrick sind Kindheitsfreunde und Tennis-Cracks. Zwei lebenshungrige Männer, die sich auffällig nahestehen und von der aufstrebenden Tennisspielerin Tashi auch prompt für ein Paar gehalten werden: «I’m not a home wrecker», sagt sie beim Flirten zu den beiden: «Ich mache keine Beziehungen kaputt.»
Trio infernale
Aber genau das macht sie: Fummeln zu dritt ist nur einen Abend lang lustig. Danach entscheidet sich Tashi für Patrick. Später für Art. Sie entzweit die beiden. Aber noch sind nicht alle Konstellationen durchgespielt.
Der Kniff von Justin Kuritzkes Drehbuch: Es beginnt mit dem letzten, entscheidenden Tennismatch: Art gegen Patrick. Tashi sitzt im Publikum.
Während die Bälle fliegen, erfährt das Publikum in Rückblenden, was auf dem Spiel steht. Für die beiden Männer, aber auch für die junge Frau. Sie steht auf einer Seite. Bloss, auf welcher?
Tragödie oder Komödie?
Das Private ist sportlich: Mit dem Beziehungsgeflecht verändern sich die Chancen auf dem Court. Und das Publikum erfährt nach und nach, wie es um diese Chancen letztlich bestellt ist. Das ist clever, aber nicht sonderlich originell – die Rückblendentechnik ist ein altes Stilmittel des Film Noir.
Forciert originell ist hingegen Luca Guadagninos Regiestil: Er wählt gar nicht erst aus, ob er nun ein Sportdrama, einen Erotikthriller oder eine schwarzhumorige Intrige gestalten will – er schmeisst einfach alles in den Mixer, was er hat.
So geht aggressive Bildsprache
Was Guadagnino hat: visuelle Ticks ohne Ende. Keine Zeitlupe ist zu viel, keine Perspektive zu abwegig. Es gipfelt in einer Sequenz, die aus dem Blickwinkel eines Tennisballs gefilmt ist: Das Kinopublikum wird von Racket zu Racket geschleudert.
Was Guadagnino auch noch hat: kein Problem mit Voyeurismus.
Man kann es erfrischend finden (oder nicht), wie sich der Regisseur an den durchtrainierten, entblössten Körpern von Josh O’Connor und Mike Faist sattsieht. Und, wie er seinen weiblichen Star Zendaya im knappen Beinkleid (und ohne Büstenhalter unter dem Pulli) auftreten lässt. Es geschieht wohl für die Kunst.
Rezept: Zynismus
Wer in Guadagnino seit jeher einen Zyniker vermutet hat, bekommt das in «Challengers» nachdrücklich bestätigt. Nur stützt er sich diesmal auch auf ein offen zynisches Drehbuch – daher passt das.
Zuschauen, wie sich drei attraktive Menschen wegen ihrer Libido und ihrer Gewinnsucht viel Ärger einhandeln: Das hätte eine derbe schwarze Komödie werden können.
Weil es aber auch noch reichlich Gefühlsduselei dazugibt, kommt ein Mischmasch dabei heraus, über dessen Gags man nur selten lacht, und dessen vorgebliche Tiefe einen kühl lässt – weil man gar nicht weiss, ob man nun Mitgefühl oder Schadenfreude empfinden soll.
Kinostart: 25. April 2024