Zu Beginn der Doku «Das Geheimnis von Bern» steht einer auf der Zürcher Kornhausbrücke im Regen, ein Privatdetektiv mit Trenchcoat und Trilby-Hut. Es ist der Filmemacher Stascha Bader. Er ärgert sich: «Züri! Was für en himmeltruurige Band-Friedhof!»
Der Zürcher ist wild entschlossen, herauszufinden, warum die Zürcher Bands seiner Jugend verschwunden sind, die Berner «Meitschi u Giele» sich hingegen über Jahrzehnte hinweg Publikum, Ruhm und Ehre ersangen.
«Ungerechtigkeit in Stereo»
Ob Rock, Pop, Rap oder Slam, ob Polo Hofer, Patent Ochsner, Züri West, Lo & Leduc oder Steff la Cheffe – die Berner Mundart dominiert die Schweizer Musikszene: «Das ist doch einfach Ungerechtigkeit in Stereo», sagt Regisseur Stascha Bader im Film.
Stascha Bader ist selbst Musiker und hat 2009 in seinem Dokumentarfilm «Rocksteady – The Roots of Reggae» der Geschichte der jamaikanischen Musik nachgespürt. Nun hat er sich fünf Jahre lang auf die Pirsch gemacht nach den passenden Zeugen von Berns musikalischer Identität.
Der Dialekt ist's nicht allein
Berner Grössen wie Steff la Cheffe, Christine Lauterburg, Gölä oder Trauffer rätseln über das Erfolgsgeheimnis. Rapper Baze schwärmt von der Wärme des Berner Dialekts im Vergleich mit der Ostschweiz: «In Bern ists halt eher etwas langsamer, etwas runder, etwas mehr ‹auuuiiiii›. Und hat mehr Klang in der Sprache.»
Das sind die erfolgreichsten Berner Bands
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Bild 1 von 8. Lo & Leduc gelang mit «079» der grösste Hit der vergangenen Jahre. Wie alle Berner Bands zelebrieren sie ihre Erfolge am liebsten am Gurtenfestival, hier bei einem Auftritt 2019. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 2 von 8. Liedermacher Mani Matter inspiriert bis heute mit seiner Dichterkunst Berner Musikerinnen und Musiker. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 8. Mit «I schänke dir mis Herz» startete Züri West 1994 endgültig durch. Wegen Kuno Laueners MS-Krankheit kann die Band nicht mehr vor Publikum auftreten. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 4 von 8. Polo Hofer prägte den Schweizer Mundart-Pop bis zu seinem Tod 2017. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
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Bild 5 von 8. Mit Songs wie «Ha ke Ahnig» wurde Rapperin Steff La Cheffe schweizweit bekannt. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 6 von 8. Büne Huber von Patent Ochsner begeistert seit Jahrzehnten das Publikum. Zu seinen grössten Hits gehören «W.Nuss vo Bümpliz» oder «Scharlachrot». Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 7 von 8. Seit über 25 Jahren rockt Gölä die Schweizer Bühnen. Bildquelle: Keystone/ENNIO LEANZA.
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Bild 8 von 8. Rapper Baze und Chlyklass prägen die Berner Rap-Kultur. Bildquelle: Keystone/Alexandra Wey.
Rapper Greis kennt noch einen anderen Heimvorteil: «Wir mussten keine Pionierarbeit leisten, wir sind in ein gemachtes Nest gekommen.»
Heimweh, Fernweh und Liebeskummer
Die Berner Troubadouren um Mani Matter gingen vor. Auch der St. Galler Liedermacher und Performancekünstler Manuel Stahlberger gesteht: «Den ich im Ohr hatte und im Herzen, das war Mani Matter. In meinem Dialekt gab es nichts.»
Matter sei der Urknall der Berner Popmusik gewesen, so Popchronist Sam Mumenthaler, der anschaulich die grossen Linien der Berner Musikgeschichte aufzeigt. Er sieht das Erfolgsrezept auch darin: «Bern ist schon lange dran und zieht lange durch. Es ist nicht nur ein grosser Hype und dann ist man weg.»
Oder liegt es etwa an den Geschichten? Von Jeremias Gotthelf bis zu den heutigen Berner Rockern und Rappern gehen die Texte direkt ins Herz, so Stascha Bader im Interview: «In Heimweh, Fernweh und Liebeskummer sind die Berner unschlagbar.» Patent Ochsners «Scharlachrot» etwa rühre ihn selber jedes Mal zu Tränen.
«Das Geheimnis von Bern»: Die Mischung von Dokumentarfilm, Roadmovie und Detektivgeschichte packt durch die mitreissende Musik, die viel Raum bekommt. Und durch die diversen Stimmen, die immer wieder andere Spuren legen.
Doch wird das Geheimnis gelüftet? Es sei eine «Mélange verschiedener Faktoren», sagt der Regisseur. Sein Film arbeite einen Aspekt heraus, der noch nie beachtet wurde. Verraten möchte er den aber nicht. Man solle einfach den Film schauen und sich mit Berner Musik mittreiben lassen. «Gang doch no echli de Aare naa. Dere schöne, schöne grüäne Aare nah.»
Kinostart: 8. Mai 2025