Der Marvel-Superheldenfilm «Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings» ist ein gutes Beispiel, dass heutzutage bei Blockbustern, die normalweise nur unterhalten sollen, Pop auch politisch sein kann.
Das Spektakel setzt sich auf inhaltlicher, produktioneller und formaler Ebene mit gesellschaftspolitischen Problemen auseinander. Auch wenn es die Story auf den ersten Blick nicht vermuten lässt.
Ein Aussenseiter wird zum Held
Shang Chi (Simu Liu) arbeitet mit seiner besten Freundin Katy (Awkwafina) in einem Hotel in San Francisco, wo sie Autos einparken. Wenn sie nicht arbeiten, hängen sie in Karaoke-Bars ab und trinken einen über den Durst.
Mit dem lockeren Leben ist Schluss, als sie von fiesen Typen in einem Stadtbus überfallen werden.
Die Angreifer wollen etwas von Shang Chi: einen kleinen Anhänger, den er um den Hals trägt. Aber der Plan geht nach hinten los: Shang Chi erweist sich als meisterhafter Kämpfer und verteidigt sich mühelos.
Ein Killer und Kung-Fu-Könner
Katy erfährt zu ihrer Überraschung: Shang Chi wurde als Kind in China von seinem Vater Wenwu (Tony Leung), ein Unsterblicher, der die mächtigen zehn Ringe trägt, zu einem Killer und Martial-Arts-Experten ausgebildet. Vor Jahren aber war er in die USA abgehauen, weil er nicht morden wollte.
Und so reisen Shang Shi und Katy nach Macau, suchen und finden seine Schwester (Meng'er Zhang), die er Jahre nicht gesehen hat. Dann werden alle drei von Wenwu gefangen, der Böses plant, was es zu verhindern gilt.
Pop und Politik
So weit die genretypische Geschichte, die erzählt wird. Sie steht für den Pop, die Politik kommt woanders in Spiel.
«Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings» besitzt einen fast ausschliesslich chinesischen Cast. Damit ist der Film ein weiteres Beispiel für die Abkehr Hollywoods von überwiegend «weissen» Hauptfiguren.
Gleichzeitig setzt er mit den chinesischen Helden ein starkes Zeichen gegen Rassismus, in einer Zeit, in denen es gehäuft gewalttätige Übergriffe auf Asiaten in den USA gibt.
Wo gehöre ich hin?
Inhaltlich diskutiert der Film die Frage nach der kulturellen Identität.
Der Titelheld ist ein junger Chinese, der als Junge nach San Francisco geflohen war, dort erwachsen geworden ist und dann in die fremdgewordene Heimat zurückkehren muss.
Im Laufe des Films muss er herausfinden, was ihn als Einzelnen ausmacht und welchem Land er sich zugehörig fühlt. Es sei an dieser Stelle vorweggenommen, dass die Antwort lautet, dass beide Kulturen für ihn wichtig sind.
Mix der Kulturen
«Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings» zeigt, wie erfrischend es sein kann, wenn die Filmkulturen der USA und China sich treffen und mischen und dabei nicht das Gefühl entsteht, es gehe nur darum, in beiden Filmmärkten gleichzeitig finanziell erfolgreich zu sein.
Der Mix ist schon beim Cast ersichtlich: Mit Michelle Yeoh und Tony Leung treffen zwei grosse Stars des chinesischen Kinos auf den Kanadier Simu Liu und die Amerikanerin Awkwafina, beides junge Schauspieler mit chinesischen Wurzeln.
US-Action trifft auf Wuxia
Stilistisch verbeugt sich das US-Superheldenspektakel vor den Wuxia - Filmen, die durch den Erfolg von «Crouching Tiger, Hidden Dragon» (2000) weltweit bekannt geworden sind: Es gibt Mythen, Magie, schöne Kostüme und ballettartige Kämpfe.
Die Kampfszenen des Films sind oft nicht nur einfach spektakuläre Action, sondern erzählen in langen Einstellungen kleine Geschichten. Hongkong-Style eben, choreografiert von Andy Cheng und dem vor kurzem verstorbenen Brad Allan, die zu Jackie Chans Stunt-Team gehören.
Allein durch diesen kreativen Push hebt sich «Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings» von den Vorgängern aus dem Marvel-Filmuniversum ab.
Fazit: «Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings» ist kurzweilig, voller Kung Fu und Kalauer und trotzdem gesellschaftspolitisch aktuell und relevant. Modernes Genrekino. Ansehen!