Ein Mensch, ein Telefon und knisternde Stimmen am anderen Ende: Mehr braucht es nicht, um beim Publikum nervenzerreissende Spannung zu erzeugen.
Den Beweis dazu erbrachte erstmals 1945 ein US-Hörspiel namens «Sorry Wrong Number», bei der eine verwöhnte junge New Yorkerin zufällig am Telefon einen Mordkomplott mithört. In den letzten Jahren waren es Ryan Reynolds ( «Buried» ) oder Tom Hardy ( «Locke» ), die jeweils einen Spielfilm am Handy verbachten.
Brandneu ist das Konzept also nicht, auf dass sich der dänische Thriller «The Guilty» stützt: Der ganze Film spielt sich in Echtzeit in der Notfallzentrale von Kopenhagen ab.
Dort wird Polizist Asger (Jakob Cedergren) von einer entführten Frau kontaktiert. Mit Headset am Ohr und ausschliesslich von seinem Arbeitsplatz aus versucht Asger, die immer kompliziertere Lage zu entschärfen.
Spannend bis zum Schluss
Das Drehbuch von «The Guilty» stammt aus der Feder von zwei Abgängern der dänischen Filmschule. Man merkt dem Film an, wie sorgfältig sie an ihrem Skript gefeilt haben.
Der Plot ist straff gehalten und mustergültig strukturiert: Das Heranführen an die Hauptfigur erledigt sich durch wenige Telefongespräche in den ersten Minuten des Films.
Als Asger dann den entscheidenden Anruf aus dem Entführungswagen entgegennimmt, weiss das Publikum schon ziemlich genau, mit wem es da im Boot sitzt.
Im Kino wischt man sich vor lauter Spannung den Handschweiss an den Sitzlehnen ab, man fiebert und rätselt mit dem Polizisten Asger mit, und hofft, dass es am Schluss nicht zur Katastrophe kommt. Da man die Telefonzentrale nie verlässt, spielt sich dabei das Schlimmste im Kopf der Zuschauer ab.
Mehr noch aber als diese ganzen technischen Raffinessen zählt, dass Asger ein vielschichtiger Charakter ist: Ein Mann mit Schattenseiten und Schuldgefühlen, der im Verlauf des hektischen Geschehens eine emotionale Wandlung durchmacht.
Denn das ist «The Guilty» letztendlich auch: Ein moralisches und menschliches Drama über Schuldgefühle.
Gleichzeitig ist die Spannung perfekt inszeniert, Jakob Cedergren spielt hervorragend, und so bleibt der Film aufregend und unberechenbar bis in seine letzten Einstellungen hinein.
«The Guilty» ist ein Film, der mit seinem Publikum das macht, was gute Krimis machen: Er manipuliert es nach Strich und Faden, aber er verkauft es nicht für dumm.