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Neu im Kino «The Phoenician Scheme»: Frisches Schauspielblut für Wes Anderson

Mia Threapleton und Michael Cera bereichern Wes Andersons vertrautes Stammpersonal im neusten vergnüglichen Bilderbogen.

Kein Filmemacher hat einen solch charakteristischen Stil wie Wes Anderson. Unzählige Bücher wurden schon darüber geschrieben und die Cinématèque française in Paris widmet ihm derzeit gar eine eigene Ausstellung.

Weil seine letzten paar Filme aber wenig Neues brachten, verpasste der 56-Jährige seiner bunten Bilderwelt nun eine Frischzellenkur. Indem er sein illustres Schauspielensemble für die Komödie «The Phoenician Scheme» gleich um mehrere Neulinge bereicherte.

Fesche Dreifaltigkeit mit einem Hauch Swissness

Zwei stechen dabei besonders hervor: die Britin Mia Threapleton und der Kanadier Michael Cera. Beide spielen wichtige Rollen an der Seite des Puerto Ricaners Benicio del Toro, der bereits in «The French Dispatch» Wes-Anderson-Luft schnuppern durfte.

Michael Cera und Mia Threapleton blicken sich in dieser Szene nach dem Konsum von je drei Bieren tief in die Augen.
Legende: Schmücken Wes Andersons Welt mit ihren Blicken: Michael Cera und Mia Threapleton. Focus Features

Zu dritt bilden sie das emotionale Zentrum des Films. Keine katholische Dreifaltigkeit mit Vater, Sohn und Heiligem Geist, sondern eine komödiantische mit Vater, Tochter und Andersons Bruder im Geiste.

Benicio del Toro dominiert das Geschehen als exzentrischer europäischer Geschäftsmann Zsa-zsa Korda. Dessen Schweizer Tochter Liesl (Mia Threapleton) lebt von ihm entfremdet in einem Kloster, bis der Patriarch die blutjunge Nonne zu seiner Alleinerbin macht. Komplettiert wird das Trio von einem schrulligen Tutor (Michael Cera), der problemlos als Wes Andersons jüngerer Doppelgänger durchgehen könnte.

Wenn sogar ein Schnitt zum Schmunzeln animiert

Der Film begleitet die dreiköpfige Truppe bei ihrer Reise zu den Financiers von Kordas Herzensprojekt, mit dem die Ressourcen Phöniziens urbar gemacht werden sollen. Darum geht es aber freilich nur an der Oberfläche. Der eigentliche Motor der Geschichte ist das Zueinanderfinden seiner Schlüsselfiguren, die ihre Gefühle meist hinter einem Pokerface verstecken.

Benicio del Toro blickt, in einer Badewanne sitzend, hoch in die Kamera, die das Ganze aus der Vogelperspektive filmt.
Legende: Jedes Bild ein Gemälde: Benicio del Toro in einem waschechten Anderson-Tableau. Focus Features

Der trockene Humor von «The Phoenician Scheme» resultiert aber nicht nur aus dem Kontrast von kalter Mimik und heisser Liebe. Neben präzisem Deadpan Acting und perfekt orchestrierter Situationskomik trägt – wie immer in Wes Andersons Werk – auch die markante Montage viel zur Unterhaltung bei.

«Wes Anderson hat eine ureigene Humorsprache entwickelt, die massgeblich vom Rhythmus seines Schnitts lebt», meint Michael Cera gegenüber SRF: «Man kann sich seine Filme anschauen und über das originelle Timing seiner Schnitte lachen.» Natürlich ist Wes Anderson nicht der einzige Regisseur, der das Spiel mit unerwarteten Kunstpausen und köstlichen Reaction Shots beherrscht. Aber kaum einer treibt dieses so gerne auf die Spitze wie der US-Amerikaner.

Zurück zur unfragmentierten Erzählform

Ein richtiger Crowd-pleaser, also ein Film, der den Geschmack des breiten Publikums trifft, ist Anderson nichtsdestotrotz schon länger nicht mehr gelungen. Seine letzten drei Kinofilme spielten zusammen weniger ein als «The Grand Budapest Hotel» (2014) allein. Die narrativ ebenso abgehobenen wie frustrierenden Stückwerke «The French Dispatch» (2021) und «Asteroid City» (2023) gefielen nur noch denen, die sich total auf die Form fokussierten.

Setaufnahme von «The Phoenician Scheme»: Kultregisseur Wes Anderson sitzt, im Profil abgelichtet, neben der Kamera.
Legende: Back on track: Wes Anderson auf dem Filmset im Potsdamer Studio Babelsberg. Focus Features

Nun hat der Oscarpreisträger endlich wieder eine stringente Komödie inszeniert, die der emotionalen Kraft ihrer Story vertraut. «The Phoenician Scheme» wird daher hoffentlich als Wendepunkt in die Filmgeschichte eingehen: Als die Komödie, mit der Wes Anderson – getragen von unverbrauchten Neulingen – zu alter Form zurückfand.

Kinostart: 29.5.2025

Radio SRF2 Kultur, Kultur-Aktualität, 23.5.2025, 17:10 Uhr.

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