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Oscars 2019 «Ich fand es furchtbar»

Die Oscar-Verleihung musste dieses Jahr ohne Moderator auskommen. Das gab im Vorfeld viel zu reden. SRF-Filmredaktorin Brigitte Häring ist wachgeblieben und hat sich die Show angeschaut.

Brigitte Häring

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Brigitte Häring ist Fachredaktorin für Film bei SRF und arbeitet als Redaktorin und Moderatorin für die Sendung «Kontext».

SRF: Wie war nun diese unmoderierte Oscar-Show?

Ich fand es furchtbar. Es war eine Nummern-Revue. Stars präsentierten abwechselnd allein oder zu zweit eine Kategorie, aber es wirkte oft heruntergeleiert und auswendig gelernt.

Es gab wenig Witz und noch viel weniger politisch pointierte Sprüche. Das wirkte alles etwas gehetzt, obwohl die Show immer noch über drei Stunden dauerte.

Als bester Film wurde «Green Book» ausgezeichnet. Ein verdienter Gewinner?

Für mich eine Enttäuschung. Es gab sehr viel stärkere Filme, die nominiert waren. «The Favourite» etwa. Oder «Roma» .

«Green Book» ist ein Feelgood-Movie. Er erzählt auf relativ weichgespülte Art über Rassismus. Es ist die Geschichte eines schwarzen Jazz-Musikers und seines weissen Fahrers.

Der Entscheid für diesen Film ist weder besonders mutig noch besonders innovativ, der Film selbst ist es auch nicht. Ein typischer Academy-Konsens-Entscheid.

Netflix ist mitten im Oscar-Business angekommen.

Wer war denn der grosse Gewinner des Abends?

Einen alles überragenden Gewinner gab es nicht. Mit vier Oscars holte «Bohemian Rhapsody» die meisten Preise. Drei von diesen Oscars sind allerdings Schnitt, Ton und Tonschnitt – also eher kleinere Oscars, wenn man so will. Nur Rami Malek hat als bester Hauptdarsteller einen der grossen Preise gewonnen.

Mann und Frau in Abendkleidung auf einer Bühne vor grossen Goldstatuen er hält einen roten Umschlag in der Hand.
Legende: Die Oscar-Show war eine Nummernrevue von Stars wie hier James McAvoy und Danai Gurira. Von unserer Filmredaktorin gibt es dafür die rote Karte. Keystone / Chris Pizzello

Gab es denn grosse Verlierer?

«The Favourite» war für zehn Oscars nominiert und hat nur einen Preis bekommen, den für die beste Hauptrolle. Die Dankesrede von Olivia Colman war einer der berührendsten Momente. Der Film hätte mehr Preise verdient, finde ich.

Die grosse Verliererin des Abends war aber Glenn Close. Sie war zum siebten Mal als beste Hauptdarstellerin nominiert – und hat noch nie gewonnen.

Die Oscars sind diverser, weiblicher und sie sind farbiger geworden.

Auch der Netflix-Film «Roma» gab zu reden. Er war ein grosser Favorit, zehnmal nominiert.

«Roma» hat «nur» drei Oscars gewonnen, aber drei sehr wichtige. Die Preise sind eigentlich alle nicht für den Film, sondern für Regisseur Alfonso Cuarón: beste Kamera, bester fremdsprachiger Film und beste Regie.

Netflix ist damit mitten im Oscar-Business angekommen. Der Streamingdienst hat auch noch einen zweiten Preis bekommen, den Oscar für den besten Kurz-Dokumentarfilme für «Period. End of Sentence.».

Zeugen die diesjährigen Oscars von einem Aufbruch?

Von der Show her nicht. Da müssen sie echt noch dran arbeiten. Deutlich bemerkbar gemacht haben sich allerdings die Kampagnen für mehr Diversität, «#OscarsSoWhite» und die MeToo-Geschichte.

Das fruchtet nun langsam. Die Oscars sind diverser, weiblicher und sie sind farbiger geworden. Viel drehte sich um Spike Lee , obwohl er nur einen Oscar gewonnen hat, den Drehbuch-Oscar.

Spike Lee hat erwartungsgemäss die politischste Aussage des Abends gemacht, indem er sagte: «2020 wird gewählt», und dann einen seiner ersten grosser Erfolge zitiert hat: «Let’s all do the right thing».

Das Gespräch führte Caroline Lüchinger.

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