Das Kino allgemein hat’s schwer. Gingen in der Schweiz in den 60er-Jahren noch jährlich 40 Millionen Eintritte über die Kinokasse, so sind es heute grade mal 13 Millionen und das bei steigendenden Bevölkerungszahlen. Nach Gründen muss man nicht lange suchen. Das Wort «Home Cinema» fasst das zusammen. Das waren früher zwei Orte, entweder zuhause oder Kino.
Heute ist das radikal anders: DVDs sind weit verbreitet, Streaming Dienste liefern schnell, die Vorführ-Technologie erledigt den Rest: gepimpte Wohnzimmer mit monströsen Flachbildschirmen und Dolby Surround. Das sind die schlagendsten Gründe für den Rückgang der Besucherzahlen. My Home is my Cinema.
Sind sieben Prozent viel oder wenig?
In Anbetracht all dessen muss man dann sagen: Vor gut 20 Jahren, als diese Entwicklung begann, lag der Marktanteil des Schweizer Films bei gerade mal zwei Prozent. Wenn er dann heute bei sechs bis sieben liegt, ist das als Erfolg zu werten.
Felix Hächler ist Miteigentümer eines Filmverleihs, der «Filmcoopi» in Zürich. Die Coopi bringt sowohl nationale als auch internationale Filme in Schweizer Kinos. Das vergangene Jahr sei «ein aussergewöhnlich gutes Jahr» gewesen, sagt Hächler im Interview. Auch für Schweizer Filme. Und das liege an «starken Filmen wie: ‹Die schwarzen Brüder›, ‹Sils-Maria› und an Dokumentarfilmen wie ‹Neuland›.»
Die staatliche Filmförderung sei da eine wichtige Unterstützung. «Für die Verleiher ist das eine grosse Hilfe», sagt Hächler. Denn die Verleiher müssen einen Film bewerben. Gegen die Millionenbudgets internationaler Produktionen – besonders gegen amerikanische Blockbuster – haben sie da kaum eine Chance. Ohne die Unterstützung aus Bern hätten sie hingegen gar keine. Hier ist die Wirkung der Fördermittel direkt ablesbar.
Kaum eine Chance – aber nutze sie
Der Eindruck, dass der Schweizer Film so gut wie keine Chance hat, ist auch historisch schwer zu halten. Denn schaut man auf die umsatzstärksten Jahre, dann stechen drei Jahreszahlen hervor: 1979, 2003 und 2006. Die überdurchschnittlich hohen Besucherzahlen dieser Jahre resultieren eben genau nicht aus internationalen Produktionen sondern aus erfolgreichen Schweizer Filmen: 1979 – «Die Schweizermacher», 2003 – «Achtung, fertig, Charl ie», 2006 – «Die Herbstzeitlosen».
Schweizer gehen also ins Kino. Schweizer gehen auch in Schweizer Filme. Und: Erfolg und Schweizer Film sind kein Gegensatz. So ist auch zu beobachten, dass die Solothurner Filmtage derart überrannt werden, dass Publikum nach Hause geschickt werden muss.
Dieses Publikum sei «sehr neugierig, findet aber selten den Weg an die ‹normale› Kinokasse und geht lieber ein Jahr später wieder auf ein Festival wie die Filmtage», sagt Hächler. Auch von daher gesehen seien die sechs bis sieben Prozent so schlecht nicht.
Hächler sagt aber auch: «Natürlich wären mir zehn lieber.»
Ja, die Dänen, die sind toll
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In solchen Diskussionen werden gerne Beispiele angeführt wie Norwegen, Schweden, Dänemark. Da seien die Anteile einheimischer Produktionen höher als in der Schweiz. Der Vergleich hinke beträchtlich, sagt Hächler, im Grunde lasse sich das nicht vergleichen, denn die drei zitierten Länder haben Landessprachen, die man sonst in kaum einer Kinoproduktion hört. Die stehen also in der Sprachlandschaft alleine da.
Das ist in der Schweiz anders. Ein Film aus der Romandie ist in einem Markt unterwegs, in dem auch «Les Intouchables» unterwegs ist. Die Schweiz ist also auf Grund ihrer Vielsprachigkeit in einer ganz anderen Konkurrenzsituation.
Schaut man nochmals auf die Historie, dann überrascht eine Zahl: 1965 wurden 50 Filme produziert, seit 1995 sind es jährlich über 200. In Anbetracht dieser Zahlen sind die sechs bis sieben Prozent dann wieder wenig.
Verbesserungspotential sieht Hächler genau da: Er plädiert dafür, weiterhin mindestens so viele Filme zu produzieren wie gerade jetzt. Aber – nach amerikanischem Vorbild – nicht alle davon zwingend ins Kino zu bringen. Also ein Plädoyer für die Verringerung der Konkurrenz innerhalb des eigenen Landes. Die starken Filme sollen auf die Leinwand. «Weniger wäre dann wieder mal mehr.»
Hoffentlich.