Das wichtigste in Kürze
- Liliane Amuat ist aktuell in drei Filmen und am Theater Basel zu sehen.
- Der Film «Skizzen von Lou» war jahrelang geplant. Nun ist Amuat mit ihrer Rolle für den Schweizer Filmpreis nominiert.
- Sie ist uneitel, anspruchsvoll und vielfältig : Auch deshalb dürfte Liliane Amuat bald in aller Munde sein.
Zum Fernsehinterview kommt Liliane Amuat mit dem Fahrrad. Sie ist ausser Atem, schwitzt, ist ungeschminkt. Unsereiner befürchtet eine langwierige Schminkaktion. Doch Fehlanzeige. Die 27-jährige Zürcherin pudert sich kurz das Gesicht. Das war’s. Es kann losgehen. Amuat: die herrlich uneitle Schauspielerin.
Mit Haut und Haar
«Dafür habe ich einen sehr hohen Authentizitätsanspruch», gesteht Amuat. Wer ihre aktuellen Filme gesehen hat, weiss, wovon sie spricht: Amuat lässt sich mit Haut und Haar in eine Figur fallen. Und doch verliert sie sich selbst nicht. Sie spielt nicht. Sie ist.
Und das mit allen erdenklichen Nuancen: sinnlich, derb, kindlich, weiblich, verführerisch, schüchtern und selbstsicher. Gegensätze, die sich manchmal beinahe gleichzeitig offenbaren – in ihrem Gesicht.
Stimmung einer Generation
Aktuell ist sie gleich in drei Spielfilmen zu sehen. Ihr Herzblutprojekt, wie sie es nennt, kommt am 2. Februar ins Kino: «Skizzen von Lou», ein poetisches Stimmungsgemälde einer Generation. Die Hauptrolle hat ihr Regisseurin Lisa Blatter auf den Leib geschrieben.
Schon vor Jahren beschlossen die beiden, zusammen einen Film zu realisieren. Noch vor Amuats Schauspielausbildung. Jahr für Jahr wurde das Drehbuch seither überarbeitet, erneuert, angepasst. Nun ist das Werk vollendet. Für «Lou» wurde Liliane Amuat bereits für den Max-Ophüls-Preis und soeben für den Schweizer Filmpreis nominiert .
Das Gespielte erleben
Das Ausnahmetalent durfte bereits den Schweizer Fernsehfilmpreis entgegennehmen. Für ihre Interpretation der Susanne in Micha Lewinskys Komödie «Lotto» wurde als beste Nebenrolle ausgezeichnet.
Susanne, die mit ihrem Bruder Philipp den todkranken Vater mit einer Lüge zum Weiterleben zu bewegen versucht, sitzt im Rollstuhl.
«Ich finde es spannend, wenn eine Rolle auf den ersten Blick weit weg von mir ist. Ich liebe es, neue Fähigkeiten zu erlernen. Eine Sprache, eine Sportart», sagt Liliane Amuat: «Vor den Dreharbeiten zu ‹Lotto› konnte ich einen Tag lang eine Frau begleiten, die querschnittgelähmt ist. Zu beobachten, wie die Leute schauen, eine Ahnung davon zu bekommen, wie sie mit einem umgehen und wie sich das anfühlt, das war hochinteressant.»
Ihre dritte aktuelle Rolle: eine Studentin in Jann Preuss' Film «Der Frosch». Bei der Premiere in Solothurn wurde sie dafür vom Publikum regelrecht gefeiert.
«Furchtbar, aber charmant»
Neugierig sei sie schon immer gewesen: «Ich liebe es, Menschen und Tiere zu beobachten, in neue Welten einzutauchen, ganz im Moment zu sein.» Als Kind ging sie oft mit ihrem Vater in den Zoo, sass vor dem Affengehege, vergass alles um sich. Für Stunden.
Neugierig auf die Kamera wurde sie dank ihrer älteren Schwester Lena. Die Fotografin bat «Lili» für ihre Diplomarbeit über weibliche Adoleszenz vor die Linse. Eine Win-win-Situation. Nach der Schule bewarb sie der fotogene Teenie für ein Praktikumsjahr am Schauspielhaus Zürich.
Amuat lacht, wenn sie sich daran erinnert: «Ich wusste damals noch nicht einmal, dass es Monologe gibt. Im Schauspielhaus habe ich eine Nummer bekommen, wie bei einem Velorennen. Dann musste ich vorsprechen. Ich habe einen selbstgeschriebenen Text gesungen. Wahrscheinlich war das furchtbar, aber vielleicht so naiv, dass es schon wieder charmant war.»
Von Zürich nach Wien nach Basel
Ihre eigentliche Ausbildung begann die damals 18-Jährige am Max Reinhardt Seminar in Wien. Bereits im dritten Jahr des Studiums wurde sie vom Burgtheater entdeckt. Noch heute spielt sie am renommierten Haus als Gast. Einen festen Vertrag hat sie am Theater Basel, wo sie derzeit als Irina in Simon Stones «Drei Schwestern» zu sehen ist.
«Basel ist für mich perfekt», schwärmt Amuat: Das Ensemble ist familiär, es sind tolle Leute, die zusammen etwas wagen. Zudem habe ich hier die Chance, neben der Arbeit auf der Bühne Filmrollen anzunehmen.» Im Theater Basel spielt Amuat ebenfalls mit Roland Koch, der in Wien ihr Schauspiellehrer und Kollege an der «Burg» war.
Koch kennt sie also in- und auswendig und verrät uns Amuats Geheimnis:
Liliane Amuat ist eine Schauspielerin, die mit Natürlichkeit, Ehrlichkeit und Unbeschwertheit besticht. Hoffentlich kann sich der Shootingstar dies erhalten. Wie auch ihre Uneitelkeit.