Wenn Sally ihrem Freund Harry in einem vollen Restaurant lautstark beweist, dass er einen vorgetäuschten Orgasmus nicht von einem echten unterscheiden kann, ist das zu Recht eine der bekanntesten und am häufigsten zitierten Filmszenen der letzten Jahrzehnte.
Umwerfend ist die Szene nicht nur wegen Schauspielerin Meg Ryan, die nach ihrer Vorführung selbstzufrieden grinsend eine Gabel Salat verspeist, sondern vor allem wegen dem Satz, den die Frau am Nebentisch anschliessend zum Kellner sagt: «Ich nehme das, was sie hat».
Enervierter Oberst, depperter Gitarrist
Zu verdanken haben wir diesen Satz Rob Reiner. Er hat bei «When Harry Met Sally» als Regisseur, Drehbuchautor und Produzent fungiert. «Ich nehme das, was sie hat» ist bei weitem nicht der einzige Satz aus Reiners 30 Spielfilmen, der sich im kollektiven Gedächtnis festgesetzt hat.
Ebenso denkwürdig: Wenn im Gerichtsdrama «A Few Good Men» Jack Nicholson als Oberst auf der Anklagebank den Anwalt Tom Cruise anblafft: «Sie können die Wahrheit doch gar nicht vertragen!» Oder wenn im Pseudo-Dokumentarfilm über die ebenso depperte wie erfundene Band «Spinal Tap» der Gitarrist erklärt, warum sein Verstärker lauter ist als alle anderen: «Dieser geht bis elf!»
«This is Spinal Tap» war 1984 das Regie-Debüt von Rob Reiner, der bis dahin erste Erfolge als Schauspieler hatte. Auch in der Mockumentary tritt er als Schauspieler in Erscheinung: Er interviewt die so un- wie eingebildeten Musiker einer erfolgreichen Rockband. Die schrille Komödie hat bis heute eine grosse Fangemeinde und bekam erst dieses Jahr eine Fortsetzung.
Vielfältig erfolgreich
Es ist bemerkenswert, in welch unterschiedlichen Sparten Rob Reiner Klassiker geschaffen hat. Seine Filmographie verrät eine Vorliebe für romantische Komödien, Reiner feierte aber auch in anderen Genres grosse Erfolge. Zu seinen bekanntesten Filmen zählen neben den bereits erwähnten auch die Stephen-King-Verfilmungen «Misery» und «Stand By Me», der Fantasyfilm «The Princess Bride» oder die Politromanze «The American President».
Daneben war Rob Reiner auch immer wieder als Schauspieler zu sehen. Neben Auftritten in seinen eigenen Filmen hatte er auch auffallende Nebenrollen in Filmen wie «Sleepless in Seattle» oder «The Wolf of Wall Street». Reiner zeigte: Wer das Filmhandwerk beherrscht, wer Sinn für Schauspiel und effektvolle Dialoge hat, kann in jeder Funktion und in jedem Genre reüssieren.
Emsig, aber entspannt
Nicht ganz alles, was Reiner anfasste, wurde zu Gold. Die Komödie «North» wurde 1994 als einer der schlechtesten Filme aller Zeiten bezeichnet. Aber abgesehen von einigen wenigen Ausreissern nach unten drehte Reiner fast nur solide bis grossartige Filme. Auch, weil er fast immer auf ausgezeichnete Schauspielerinnen und Schauspieler zählen konnte.
Trotz seines enormen Arbeitseifers war Rob Reiner stets eine entspannte und gemütliche Erscheinung, was ihn zu einem gern gesehenen Interviewgast machte. Er engagierte sich politisch, war ein Unterstützer der Demokraten und lautstarker Kritiker von Donald Trump. Davon abgesehen führte er ein zurückgezogenes und skandalfreies Privatleben, das nun ein überraschendes und tragisches Ende nahm: Am 14. Dezember wurde Rob Reiner zusammen mit seiner Ehefrau in seinem Zuhause tot aufgefunden.