Die linke Onlinezeitung « Mediapart » hat ihre Leser zum zehnjährigen Jubiläumsfest in ein Kulturzentrum im ärmlichen Pariser Norden eingeladen. Auf dem Programm stehen Konzerte, Theater, Kino und Lesungen – vor allem aber Konferenzen und Debatten über den Journalismus in der Informationsgesellschaft.
Mediapart leiste sehr gute Arbeit, loben Abonnenten, die zwischen zwei Debatten frische Luft schnappen. «Sie liefern Informationen, die man nirgendwo sonst findet», sagt ein ehemaliger Pressefotograf, der die Onlinezeitung seit ihrer Gründung liest.
Zwei Frauen um die dreissig finden, dass Mediapart eine Ausnahme in der französischen Medienlandschaft sei: kritisch, taff und engagiert. Ihnen gefällt, wie Mediapart etwa über das Thema Migration berichtet. «Sie verteidigen die Migranten und stehen dazu.»
Schwieriger Start
Eine Handvoll Journalisten hat die französische Onlinezeitung 2008 mit ihrem eigenen Geld als Startkapital aus der Taufe gehoben. Als ein investigatives und vor allem unabhängiges Journal – ohne Werbung, ohne Fremdkapital, ohne übliche staatliche Subventionen, ausschliesslich durch seine Abonnenten finanziert.
Und das zu einer Zeit, in der die krisengeschüttelte Tagespresse an massivem Leserschwund krankte. Eine Neugründung mit wenig Erfolgsaussichten also.
Heute spielt Mediapart mit 140‘000 Abonnenten und monatlich knapp fünf Millionen Usern in der ersten Liga. Sie schreibt als eine der wenigen französischen Tageszeitungen – online und auf Papier – schwarze Zahlen.
Mit Qualität gegen den Leserschwund
Der Erfolg sei das Resultat guter journalistischer Arbeit kombiniert mit den Möglichkeiten, die das Internet bietet, sagt Mediapart-Chef Edwy Plenel. «Wir machen einen interaktiven Qualitätsjournalismus, bei dem die Leser eingebunden und auf Augenhöhe der Journalisten sind».
Haben die Leser Vertrauen in ihre Zeitung, ist der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung Le Monde überzeugt, bekommt sie von ihnen auch die nötige Unterstützung.
Verdient hat sich Mediapart seine Sporen vor allem mit der Enthüllung von Staatsaffären. Darunter ist die Korruptionsaffäre Bettencourt, in die der damalige Staatschef Nicolas Sarkozy tief verstrickt war, und die Steuerhinterziehung des sozialistischen Budgetministers Jerôme Cahuzac. Kompromisslose und hartnäckige Recherchen, die in Frankreich bis heute keine Selbstverständlichkeit sind.
Angriff von links und rechts
Das investigative Journal wird nicht nur besonders häufig vor den Kadi gebracht. Politiker und auch Journalistenkolleginnen beschuldigen Mediapart und ihren Chef Edwy Plenel regelmässig, die Öffentlichkeit politisch zu manipulieren, ihre linke Ideologie als Journalismus zu verkaufen.
Frankreich tue sich nach wie vor schwer mit der Pressefreiheit und habe eine schwach ausgeprägte demokratische Kultur, kontert Plenel. Die Redaktion werde von allen Seiten angegriffen, von Linken und Rechten.
Auf die nächsten zehn Jahre
In Zeiten von Fake News und politischem Populismus sei eine unabhängige Presse wichtiger als je zuvor. Auch deshalb – so der Chef der französischen Onlinezeitung – werde sich Mediapart nicht auf den Lorbeeren ihrer ersten zehn Jahre ausruhen.
Die Redaktion hat bereits beschlossen, die eigene Videoproduktion auszubauen und regelmässig mit hausgemachten Politmagazinen und Diskussionsrunden auf Sendung zu gehen.