Zum Inhalt springen

10. Todestag Der Mann am Telefon: César Keiser

Erfolglos in der Telefonschleife festhängen oder den Sohnemann über das Kinderzeugen aufklären – solche Geschichten machten ihn legendär: Kabarettist César Keiser.

«Hallo, do isch Kuenz in Bünze …», so startet das wohl legendärste Telefonat in der Geschichte des Schweizer Cabarets – bis heute ein Klassiker. César Keiser haute mit dieser Nummer aus seinem ersten Soloprogramm kräftig auf die Pauke. Wortwörtlich dann auch beim «Solo für Werbetrommel». Eine Trommel unterstützte die Verse rund um einen Mann namens Fritz:

«Der hinterschti Streich vonere Wärbeagentur – Het für dr Fritz d Bedüttig gha vom Rütlischwur.» Cés sprach die Worte schnell, rhythmisch, markant. Mit anderen Worten: Es war ein Rap, obwohl dieser damals noch gar nicht erfunden war.

Besuch bei Margrit Läubli

Keiser trat solo auf, da seine Frau und Bühnenpartnerin Margrit Läubli 1962 zu den gemeinsamen Söhnen Mathis und Lorenz schaute. Sieben Jahre dauerte ihre Bühnenabstinenz. Nichts desto trotz legt die heute knapp 89-Jährige bei unserem Besuch den Rap aufs Parkett, als wäre die Nummer erst kürzlich für sie geschrieben worden. Ein reines Vergnügen.

Keisers Texte halten Läubli am Leben. Und sie hält die Texte am Leben, tritt wenn immer möglich mit einer Lesung auf. Als ihr Mann am 25. Februar 2007 starb, war für sie klar: Cés darf nicht verstummen. «Ich habe das gleich als Auftrag gesehen, ihm meine Stimme zu leihen. Das gibt mir seit zehn Jahren Kraft weiterzumachen. Ich bin immer noch neugierig. Mir geht es gut», sagt Läubli.

Auf der Bühne kennengelernt

Kennengelernt haben sich die Tänzerin, die bereits während der beiden letzten Jahre des legendären Cabarets Cornichon erste Erfahrungen mit Sprache auf der Bühne sammelte und der Zeichenlehrer, der in Basel das Laiencabaret Kikeriki mitbegründete, 1951 im Cabaret Fédéral. Rasch wurden aus gemeinsamer Arbeit Liebe und ein gemeinsames Leben. Läubli: «Cés ist ein ausgeglichener, ruhiger Mensch gewesen, aber er konnte energisch werden, wenn er etwas durchsetzen wollte, vor allem auf der Bühne.»

César Keiser und Margrit Läubli mit ihrem Programm «Big Brother is watching you» am 11. November 1983 im Zürcher Bernhard-Theater.
Legende: César Keiser und Margrit Läubli mit ihrem Programm «Big Brother is watching you», 1983 im Zürcher Bernhard-Theater. Keystone

Mit Temperament, aber auch mit viel Humor verpackte Keiser Absurditäten des menschlichen Lebens und den alltäglichen Wahnsinn in Kabarettnummern. Oder wie er selbst in einem Interview erklärte: «Mich interessiert der Mensch mit seinen Schwächen. Ich stelle Ignoranzen und Intoleranzen auf die Bühne.» Keiser wollte das Publikum aufheitern und aufwecken. Dass der Homo einmal sapiens würde, daran zweifelte er allerdings.

Zusammen gelebt und gearbeitet

Mehr als 20 Programme bestritten Keiser und Läubli gemeinsam. «Er fragte mich immer wieder, was er für mich schreiben solle. Als ich jung war, wollte ich immer eine alte Frau spielen. Später animierte ich ihn, den Text <Zyt für enand' aufs Papier zu bringen. Denn das war's, was unser Leben ausmachte: Zyt für enand z ha. Nöd immer meh Genuss, Luxus, Überfluss», so Läubli. Ein Thema, das an Aktualität an nichts eingebüsst hat. Wie auch die Nummer <Mein Herz ist rein …' aus Opus 8, 1974. Schon damals kritisierte Keiser unseren Umgang mit der Natur.

Schweizer Comedy-Legenden

Box aufklappen Box zuklappen

<Wieso denn ich – Wieso denn wir – Das fällt doch nicht – Ins Gewicht – Was hinter mir – Was hinter uns – In die Luft – Verpufft – Umweltqualität in Ehren – Aber nicht bei uns beschweren!>»

Kabarettist, Narr und Fasnächtler

Temperamentvoll seinen Unmut bekunden konnte der heitere Moralist auch an der Basler Fasnacht. Er war Tambourmajor bei den Kuttlebutzer, einer Clique, in der unter anderem, auch Jean Tinguely aktiv war. 2007, am Tag vor dem Morgestraich starb César Keiser an einem Herzversagen. Ein halbes Jahr vorher schrieb er «Du my liebe Tod vo Basel», bei dem es ein letztes Mal heisst: «Der Ändstraich – Vorwärts – Marsch!»

Seit 2010 ist Läubli mit dem Architekten Ernst Gisel verheiratet. Aus dem Haus, das sie sich gemeinsam mit César Keiser erarbeitet hat und in dem jede Ecke eine Erinnerung birgt, würde sie aber nicht ausziehen wollen.

Die gemeinsame Zeit mit Cés ist zwar vor 10 Jahren abgelaufen. Im Herzen dauert sie an.

Sendung: SRF 1, 10vor10, 23.2.2017, 21:50 Uhr.

Meistgelesene Artikel