Zum Inhalt springen

Ab die Post! Die Postkarte: Von Hand geschrieben, von Herzen verschickt

Die Postkarte feiert dieses Jahr ihr 150. Jubiläum. Eine Hommage zum Geburtstag.

Sie ist einfach schön. Die Welt, die mit Postkarten geschaffen wird, ist prächtig. Nicht nur auf ihrer Vorderseite, wo Herbstwälder, Schneeberge oder Sonnenuntergänge sichtbar werden.

Auch auf der Rückseite ist die Welt, die beschrieben wird, meistens makellos: Das Wetter ist schön, das Essen gut und die Welt frei von Krieg. Mit einer Postkarte erhalten wir ein Einladungsschreiben zum Träumen.

Kein Platz für Mängel

Was auch sonst, denn der kleine Platz für Text zwingt die Schreiberin, sich auf das Schöne zu konzentrieren. Eine Mängelliste gehört sich nicht. Schliesslich möchte bewiesen sein, wie gelungen die Reise ist.

Die Postkarte hält aber noch eine andere Wohltat bereit: Eine Person hat an einen gedacht und sie hat sich Zeit genommen. Der Papiergruss aus den Ferien ist heute Zeichen der Entschleunigung. Die schöne Welt in poetische Zeilen oder witzige Wortspiele zu verwandeln, benötigt Zeit und teilweise auch Überwindung.

Und nicht zu vergessen ist die Suche nach einem schönen Sujet, der passenden Marke und einem Briefkasten. Wer da schlecht plant, muss die Karte nach Rückkehr in den heimischen Briefkasten werfen.

Die flotte Sofortnachricht

Die erste Postkarte machte sich am 1. Oktober 1869 von Österreich-Ungarn auf den Weg. Zwei Jahre später wurde sie auch in der Schweiz zu einem Medium für schnelle Korrespondenz.

Im Gegensatz zu heute war sie in ihren Anfängen flott unterwegs. Bis zu elfmal täglich überbrachte der Postbote den beschriebenen Karton: Vorne die Adresse, auf der Rückseite die Nachricht. Das machte die Postkarte zur günstigen Alternative zum Telegramm.

Wer sich morgens krank fühlte, meldete sich per Postkarte für die Klavierstunde am Nachmittag ab. Oder die Verehrerin grüsste zur frühen wie zur späten Stunde ihren Angebeteten mit Zeilen wie «Heute ist das meine letzte Postkarte an dich.»

Das Instagram von gestern

Bald verteilte sich der Informationsgehalt von blossem Text auch auf das Bild. Die Fotografien machten die Vorderseite zu dem, was sie noch heute ist: schön. Wissenschaftler sprechen von einer regelrechten Bilderflut, die mit der Ansichtskarte entstand.

Im Jahr 1913 verschickten die Menschen in der Schweiz 112 Millionen Postkarten. Sie zeigen allerhand: Malerische Landschaften oder alltägliche Szenen. Nach und nach löste das Telefon die Postkarte als Alltagsmedium ab. Übrig blieb ihr aber die Rolle als Statussymbol.

Die Romantik der Handschrift

Immer wieder bekam die handgeschriebene Postkarte öffentliche Abschiedsbriefe und ihr Verschwinden wurde betrauert. Sie sei nur noch eine moderne Abwesenheitsnotiz. Doch es gibt sie noch.

Eine Postkarte aus dem Briefkasten zu nehmen, hat etwas Romantisches. Man greift nach einem Karton, der einen Weg hinter sich hat. Auf ihm hat eine andere Person ihre Handschrift hinterlassen und damit auch ein Versprechen abgegeben: «Wenn ich zurück bin, erzähle ich dir mehr davon.»

Meistgelesene Artikel