Die japanische Kriegerkaste der Samurai hat unzählige Filme inspiriert. In Quentin Tarantinos blutrünstigem Actionfilm «Kill Bill» schwang Uma Thurman das japanische Langschwert Katana, um ihre Todesliste abzuarbeiten. Tom Cruise erlernte als «The Last Samurai» Bushido, den Weg des Kriegers, der auch Jim Jarmusch für «Ghost Dog» interessierte. Und Richard Chamberlain rührte in «Shogun» das TV-Publikum zu Tränen.
Doch die Samurai beflügelten die Fantasie bereits vor dem Filmzeitalter. Sie liefern seit Jahrhunderten Stoff für fantastische Geschichten über brutale Kämpfer mit hohem Tugendideal. Wobei die Samurai selbst an ihrem Mythos kräftig mitstrickten. Das zeigt die Ausstellung «Mythos Samurai» im Bernischen Historischen Museum.
Zu sehen sind Helme, Rüstungen, Schwerter und damit an und für sich nichts Neues für die Besucherinnen und Besucher historischer Museen. Viele kennen die kiloschweren Metallbüchsen, in die sich die Eidgenossen vor der Schlacht quetschten und die sich ähneln wie ein Ei dem andern.
In Bern sind die japanischen Gegenstücke dazu aus dem 11. bis zum 19. Jahrhundert ausgestellt. Allerdings sind die Objekte aus der hauseigenen Bernischen und der bedeutenden Privatsammlung von Ann und Gabriel Barbier-Mueller kunstvoller gefertigt und individueller als westliche Ritterrüstungen.
Grenzenlose Fantasie
Besonders die Helme sind fantastisch. Viele sind prächtig verziert, etwa mit Sternbildern, Hasenohren, Hirschgeweihen oder Blüten. Einzelne sind mit Flammen oder Federn geschmückt. Auf einem ist sogar eine Aubergine zu sehen.
Die sei ein Glückssymbol, erklärt Alban von Stockhausen, der Kurator der Ausstellung: «Die Samurai-Helme haben im Unterschied zu den europäischen Rüstungen eine zweite Ebene, die ganz andere Geschichten erzählen kann und will.»
Neue Funktion in Friedenszeiten
Diese Helme boten bald viel mehr als Schutz. Während des langen Friedens der sogenannten Edo-Zeit vom 17. bis ins 19. Jahrhundert signalisierten sie Status und markierten Individualität.
Die prächtigen Objekte der Samurai, die den Kaiser ab 1605 faktisch entmachtet hatten, entstanden also mehrheitlich nicht in Kriegs-, sondern in Friedenszeiten. Dabei entwickelte sich eine eigene Kultur, um zu begründen, wieso im Frieden eine Kriegerkaste mit Grundeinkommen nötig war. Farbige Holzschnitte, Geschichten und Theaterstücke erzählten von den legendären Taten und Schlachten der Samurai.
Zu Kriegern überhöhte Beamte
Der Mythos der Samurai begann also, als es die Samurai noch gab und hatte wenig mit ihrem Alltag zu tun. Zwar trugen sie noch immer die legendären Kurz- und Langschwerter. Tatsächlich gingen die einstigen Krieger aber als Beamte in der Hauptstadt eher langweiligen Beschäftigungen nach. So inventarisierten sie beispielsweise die Reismatten des Shogun.
1867 endete die Samurai-Zeit. Die USA erzwangen die Öffnung des abgeschotteten Reiches und der Kaiser, Tenno, kam zurück an die Macht. Doch mit dem Ende der Samurai hob der Mythos Samurai erst richtig ab. Auch das zeichnet die Ausstellung nach.
Die Samurai wurden zur perfekten Projektionsfläche. Wahlweise als Superhelden nationalistisch instrumentalisiert, als Barbaren verunglimpft, als Filmhelden in die westlichen Kinosäle exportiert oder als Ninja-Legofiguren erfolgreich in die Kinderzimmer der Welt vermarktet.