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Ausstellung in der Photobastei Party, Pool und Piste: Auch im Iran haben sie Fun

Ungewohnte Glücksmomente: Die Fotografien von Forough Alaei zeigen die verborgenen Seiten des iranischen Alltags.

Nicht Mullahs und Revolutionswächter hält Forough Alaei auf ihren Bildern aus dem Iran fest. Sondern vor allem die Freizeit urbaner junger Menschen und Familien. Sie treffen sich etwa zum Skifahren im Elbrus, unweit von Teheran. Das Bergrestaurant könnte in den Alpen stehen, der Pisten-DJ legt jedoch einzig für Männer auf.

Mann und Frau treiben dennoch gemeinsam Sport. Auch an den Stränden der Ferienorte am Kaspischen Meer tummeln sie sich. Oder sie finden sich in Parks ein – um zu reden, zu tanzen oder einfach, um zu sein.

Ist das Teheran – oder doch London?

Mit ihrem Verein «Der andere Blick» schafft Bettina Kubli eine Plattform für Fotojournalistinnen aus Asien und Afrika. Sie hat die Ausstellung «The Other Face of Iran» in der Photobastei in Zürich organisiert.

«Mich hat erstaunt, dass diese Bilder so modern sind, ganz anders als die bekannten Fotos aus dem Iran», sagt Kubli: Partys im Park, Frauen ohne Kopfbedeckung – solche Bilder würde man eher in London und Paris sehen.

Forough Alaei registriert Nischen, die sich junge Iranerinnen und Iraner, vornehmlich jene mit Geld, in der Diktatur schaffen. Dieser Freiheit sind allerdings engen Grenzen gesetzt. Auf einem der Bilder tanzen an einer Hochzeit elegante junge Frauen in einem Raum, der ihnen vorbehalten ist. «Sie dürfen nicht mit den Männern feiern. Trotzdem herrscht eine gute Stimmung», erläutert Bettina Kubli.

Gefährliche Reportage über Fussballfans

Die Ausgelassenheit, die Alaei hier dokumentiert, geht ans Herz. Ebenso unbeschwert wirken zwei Männer, die in einem Planschbecken sitzen und einander nass spritzen. Der Plastikpool leuchtet so farbig wie die Sonnenschirme am Meer und die Trikots der Fussballfreundinnen, die sich erst seit 2018 in kleiner Zahl im Stadion gewisse Spiele anschauen dürfen.

Forough Alaei veröffentlicht ihre Arbeiten international. Für die Reportage über fussballbegeisterte Iranerinnen gewann sie 2019 in der Kategorie «Sport» beim «World Press Photo Award». Und landete deswegen fünf Tage im Gefängnis: Sie habe das Stadion widerrechtlich betreten.

Nur vermeintlich unspektakulär

Die 50 Fotos der Ausstellung wirken zunächst wenig spektakulär. Sieht man genauer hin, offenbaren sich indes die Geschichten dahinter. Zwei Automechanikerinnen – die ersten im Land – arbeiten an einem russigen, schwarzen Motor. Junge Frauen in Helm und Lederkluft machen sich mit ihren Maschinen bereit, am ersten Motorradrennen für Frauen teilzunehmen.

Zwei Freundinnen entspannen sich, an ein Mäuerchen gelehnt. Eine Familie picknickt neben dem Auto, mit Blick auf hohe Berge. Die Bilder zeigen Momente der Zufriedenheit und des Glücks.

Sehnsucht in Bildern

Unweigerlich fragt man sich: Wollen nicht alle Menschen Ähnliches? Die Bildwelt von Forough Alaei lässt sich als Sehnsucht lesen, wie sich Menschen im Iran das Leben wünschen: eine gute Ausbildung und Arbeit, soziale Beziehungen, ein Leben in Freiheit. «Foroughs Bilder zeigen die eine Seite des Irans», sagt Bettina Kubli, «die andere möchten die Menschen im Alltag wohl gerne ausblenden.» Nämlich die Realität der Unterdrückung.

Als Kubli Anfang Jahr diese Schau plante, war undenkbar, dass sich Iranerinnen und Iraner offen gegen die Repression der Mullahs wehren würden. Vor diesem Hintergrund sind Forough Alaeis Werke nun noch aussagekräftiger.

Ausstellungshinweis

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Die Ausstellung «The Other Face of Iran. Fotos von Forough Alaei» ist noch bis 13.11.2022 in der Photobastei in Zürich, zu sehen.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 07.11.2022, 17:10 Uhr

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