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Bodenständigkeit zum Anziehen Adidas Samba: Ein Schuh als modischer Safe Space

Einst als Fussballschuh für eisige Plätze konzipiert, ist der Adidas Samba heute It-Piece in der Modewelt ebenso wie Alltagsschuh für Normalos. Ein Erklärungsversuch für einen anhaltenden Hype.

Flache Silhouette, charakteristische Gummisohle, drei Streifen. Setzt man einen Fuss in den öffentlichen Verkehr, ist er bestimmt schon da. Bella Hadid, A$AP Rocky oder Hailey Bieber besitzen ihn auch schon längst. Die Rede ist vom Adidas Samba.

Frau läuft auf Strasse, trägt Samba Adidas
Legende: Warum bloss tragen momentan gefühlt alle diesen Schuh mit dem Geburtsjahr 1950? Getty Images / Jeremy Moeller

Klar sind auch Sneaker von Nike, New Balance, On oder Asics populär. Er aber schafft, was kaum einem Schuh gelingt: Er vereint gegensätzliche Welten. Hipster, Rapper, Oberstufenschülerinnen und Normalos waren vielleicht noch nie so nahe beieinander, fusstechnisch gesprochen.

Von Subkultur zu Mainstream

Begonnen hat die Erfolgsgeschichte mit einem Entwurf von Adolf Dassler, dem Gründer des Sportartikelherstellers Adidas. Er entwickelte den «Samba» 1949, um Fussballspielern auf rutschigem Untergrund besseren Halt zu bieten. Über die Jahrzehnte verband der Schuh verschiedene Subkulturen, erklärt der deutsche Sneaker-Experte Amadeus Thüner in einem Video auf Youtube.

Von britischen Hooligans über die «Rude Boy»-Szene Jamaikas bis hin zu Ravern und Skatern: Sie alle trugen den Sneaker als Distinktionsmerkmal. Davon sind wir heute weit entfernt. Die aktuelle Rückkehr der 90er-Jahre-Ästhetik und Kollaborationen, etwa mit der jungen Designerin Grace Wales Bonner, haben den Samba neu ins Rampenlicht gerückt. Der Schuh wurde zum Mainstream und tausendfach auf Social Media beworben.

Kanye West ist raus

Inzwischen ist der vermeintlich unscheinbare Allrounder hinter dem Modell Stan Smith der meistverkaufte Adidas-Schuh aller Zeiten. Im ersten Quartal 2025 verzeichnete Adidas dank der starken Nachfrage nach Retro-Modellen wie dem Samba und dem Modell Gazelle ein deutliches Umsatzwachstum.

Dabei steckte die Marke Adidas vor zwei Jahren noch in einer regelrechten Krise: Nebst Corona und dem Ukrainekrieg waren es auch die verbalen Entgleisungen ihres Zugpferdes Kanye West, was 2022/2023 zu einem historischen Tief führte.

Denn mit Kanye Wests Linie «Yeezy» hatte Adidas ein umsatzstarkes Produkt. Doch dann geriet West wegen seiner antisemitischen Äusserungen zunehmend in die Kritik. Als sich auch der Zentralrat der Juden kritisch zu Wort meldete, beendete Adidas die Kollaboration mit ihrem Goldjungen.

Alles auf Retro!

Eine neue Idee musste her. Und: ein neuer Konzernchef. Der in der Schweiz geborene und ehemalige Fussballspieler Bjørn Gulden wechselte 2023 vom Erzrivalen Puma zu Adidas und setzte dort auf Altbewährtes. Nicht nur unternehmenstechnisch, sondern auch, was die Produkte anbelangte.

Alter Adidas-Sneaker rechts neben neuem
Legende: Der Samba von Anfang der 1950er-Jahre (rechts) zusammen mit dem etwas jüngeren Pendant aus der Gegenwart. IMAGO / brennweiteffm

Mit seinen 75 Jahren auf dem Buckel ist der Samba sozusagen der alte weisse Mann auf dem asphaltierten Laufsteg. Warum funktioniert dort, was sonst keinen guten Ruf geniesst? Es sei ein Schuh, mit dem man nichts falsch machen könne, meint der deutsche Fashion Content Creator Willy Iffland. Wenig spektakulär und doch cool.

Ein Stück analoge Bodenhaftung

Ein Schuh als modischer Safe Space? Möglich wäre es. Vielleicht ist der Samba in seiner schlichten Bescheidenheit aber auch einfach ein Stück analoger Bodenhaftung, die etwas Ruhe in unsere algorithmisierte Welt bringt. Und wenn noch ein leiser Hauch Nostalgie mitschwingt: umso verheissungsvoller. Denn in einer Welt voller Unsicherheiten – Klimawandel, Krieg, KI, Inflation – greifen wir gerne zu Dingen, die schon einmal funktioniert haben.

SRF 1, Börse, 13.5.2025, 19:25 Uhr

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