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Boykott Das Comic-Festival in Angoulême steht kurz vor dem Aus – warum?

Ende Januar sollte die 53. Ausgabe des Comic-Festivals in Angoulême über die Bühne gehen. Sollte. Denn nun wird sie vielleicht abgesagt.

Um was geht es? In Angoulême, einer kleinen Stadt im Südwesten Frankreichs, trifft sich Ende Januar jeweils die internationale Comicszene am grössten europäischen Comic-Festival: beim Festival International de la Bande Dessinée d’Angoulême (FIBD). Die nächste Festival-Ausgabe steht allerdings auf der Kippe. Comic-Künstler, Fachleute und Verlage haben angekündigt, das Festival zu boykottieren. Die Verlage gehen nun laut einer Mitteilung des Syndicat national de l’édition davon aus, dass das Festival 2026 nicht stattfinden könne.

Viele Leute, die einen vor, die anderen hinter Tisch, Bücher darauf
Legende: Im französischen Angoulême findet jedes Jahr das grösste Comicfestival Europas statt. Jedes Jahr? Die Ausgabe im Januar 2026 steht nun auf der Kippe. IMAGO/Panoramic by PsnewZ

Was sind die Gründe für den Boykott? Es wird ein ganzer Strauss an Vorwürfen erhoben: Das Festival kümmere sich mehr um die Sponsoren als um die Künstler und die Verlage; künstlerisch stagniere es, und die Buchhaltung sei intransparent. Diese berechtigten Vorwürfe stehen nicht erst seit dem letzten Festival im Raum; das Unbehagen ist schon länger spürbar.

Gegen wen richtet sich der Protest? Der Protest richtet sich vor allem gegen die Firma 9è Art+, die das Festival seit 2007 ausrichtet. Sie ist in der Szene alles andere als beliebt. Das Fass zum Überlaufen brachte Mitte November der Entscheid des Vereins L'association FIBD, dem das Festival gehört, den Vertrag mit dieser Firma um weitere zehn Jahre zu verlängern. Dabei ist offensichtlich, dass das Festival einen Wechsel und neue Impulse benötigt.

Wer folgt den Boykottaufrufen? Dem Boykott haben sich knapp 2500 Menschen angeschlossen, mehrheitlich Comic-Autoren, aber auch andere in der Branche Tätige. Viele unabhängige Verlage haben sich ebenfalls für einen Boykott ausgesprochen. Das Festival hat die Aufrufe lange ignoriert. Zur Eskalation kam es, als Mitte November grosse Comic-Verlage wie Dargaud, Dupuis und Casterman ankündigten, sie würden im kommenden Januar nicht nach Angoulême fahren. Die Begründung: Sind keine Künstler anwesend, macht ein Stand am Festival keinen Sinn.

Tisch mit Comics und Graphic Novels
Legende: Auf den Büchertischen stöbern, durch Comics und Graphic Novels blättern: Vielleicht ist das, anders als die vergangenen Jahre, 2026 in Angoulême nicht möglich. Keystone/EPA/CAROLINE BLUMBERG

War das der notwendige Weckruf? Das Festival hat begriffen, wie ernst die Lage ist – und den neuen Vertrag mit der Firma 9è Art+ wieder aufgelöst. Die zukünftige Organisation des Festivals soll nun in einem transparenten Prozess aufgegleist werden, unter Einbezug von Verlegern und Künstlern. Allerdings kam der Weckruf womöglich zu spät für FIBD: Am 17. November wurde bekannt, dass die öffentlichen Geldgeber des Festivals diesen Verein ausdrücklich aus dem Prozess ausschliessen möchten.

Wer würde am meisten unter einer Absage leiden? Für das Festival wäre es eine finanzielle Katastrophe und ein Image-Gau. Auch die Stadt Angoulême würde darunter leiden: Immerhin lockt das Festival rund 200'000 Menschen an. Die Verlage hingegen könnten eine Absage weckstecken, und am wenigsten verlieren würden die Künstlerinnen und Künstler. Schliesslich kann ohne sie das Festival nicht stattfinden.

Wie geht es in diesem Konflikt weiter? Das ist schwierig zu sagen. Noch hat niemand seine Boykott-Drohung rückgängig gemacht. Es hat sich im laufenden Jahr viel angestaut, und dieses Nachgeben in letzter Minute kommt reichlich spät. Viel Vertrauen wurde verspielt. Das französische Kulturministerium erklärte am Mittwoch, es wünsche sich, dass das Festival 2026 stattfinden könne. Vermutlich wird man versuchen, die nächste Ausgabe des Festivals irgendwie über die Bühne zu bringen, und zwar so, dass möglichst niemand einen zu herben Gesichtsverlust erleidet. Ob das gelingt, wird die Zukunft weisen.

Veranstaltungshinweis

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Falls es durchgeführt wird, findet das nächste Comic-Festival in Angoulême vom Donnerstag, 29. Januar bis zum Sonntag, 1. Februar 2026 statt.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 17.11.2025, 17:10 Uhr

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