Zum Inhalt springen

Die Kunst der Entscheidung Essen mit dem Kopf, planen mit dem Bauch

Der Sachbuchautor Bas Kast weiss, wie man gute Entscheidungen im Leben trifft – und warum der eigene Tod dabei wichtig ist.

Der Psychoanalytiker Sigmund Freud meinte einmal: Die kleinen Entscheidungen des Lebens sollten wir mit dem Kopf treffen, die grossen dagegen mit dem Bauch. Bei der Berufs- und Partnerwahl sollten wir also auf unsere Gefühle hören, auf unser Unbewusstes, bei der Wahl des Frühstücks dagegen auf unseren bewussten Verstand.

Denn nach Freud ist unser Bewusstsein nur die Spitze des Eisbergs. Der grösste Teil des Selbst liegt im Unbewussten. Auch unsere tiefsten Sehnsüchte und Ängste. Darum sollten wir das Unbewusste als Kompass wichtiger Lebensentscheidungen ernst nehmen.

Diese Einsicht von Freud sei von zentraler Bedeutung, wenn es um gute Entscheidungen geht, meint der Wissenschaftsautor und Schriftsteller Bas Kast.

Sich fremden Situationen aussetzen

Wer wir im Kern unseres Wesens sind, finden wir nicht heraus, indem wir zu Hause auf dem Sofa sitzen und in uns hineinhorchen. Vielmehr müssen wir mit uns selbst experimentieren und uns fremden Situationen aussetzen. Erst dann spüren wir, wer wir sind.

Der geborene Surfer erkennt sein Wesen nicht zu Hause auf dem Sofa, sondern draussen im Meer. Dasselbe gilt für die talentierte Schriftstellerin. Erst beim Schreiben spürt sie: Hier bin ich in meinem Element. «Wie ein Fisch, der immer auf dem Trockenen war», meint Kast. Darum sei eine offene, breite Erziehung mit vielen Angeboten wichtig und so könne ein Kind schon früh seine Nische finden.

Eine Schüssel mit einem Gemüsegericht
Legende: Als Quintessenz aus tausenden von Ernährungsstudien empfiehlt Bas Kast unter anderem: Mehr Gemüse und weniger Fleisch essen. imago images / Westend61

Drei Faustregeln für eine gesunde Ernährung

Bei kleineren Entscheidungen des Lebens ist das anders. Etwa beim Essen. Da sollten wir paradoxerweise nicht auf den Bauch hören, sondern auf den Verstand, meint der Autor des Bestsellers «Der Ernährungskompass.

Das Fazit aller wissenschaftlichen Studien zum Thema Ernährung». Als Quintessenz aus tausenden von Ernährungsstudien empfiehlt Kast drei Faustregeln für eine gesunde Ernährung.

  • Erstens: Essen Sie nichts, was ihre Grossmutter nicht als Essen erkannt hätte. Das heisst: kein Junkfood, keine Fertigprodukte. Stattdessen: selber kochen.
  • Zweitens: Mehr Gemüse und weniger Fleisch, insbesondere weniger verarbeitete Fleischprodukte wie Würste etc.
  • Drittens: Weniger Milchprodukte, und wenn, dann eher die fermentierten, also eher Käse statt Milch.

Ein junger Mann mit kurzen braunen Haaren, mit blauem Pullover und weissem Hemd darunter schaut in die Kamera
Legende: Autor Bas Kast hatte mit 40 Jahren plötzlich Herzbeschwerden beim Joggen. Seit dann setzt er sich intensiv mit der Ernährung auseinander. Mike Meyer

Herzbeschwerden beim Joggen

Anlass, sich intensiv mit der Ernährung auseinanderzusetzen, war für den Wissenschaftsjournalisten ein beklemmendes Erlebnis. Mit 40 Jahren hatte er auf einmal Herzbeschwerden beim Joggen, er spürte einen massiven Stich in der Brust.

«Es fühlte sich an wie eine stählerne Hand, die mein Herz zusammendrückt», erinnert sich Kast. Danach hat er sein Leben und seine Ernährung umgestellt. Erst die Nähe zum eigenen Tod machte ihm klar: Du musst dein Leben ändern.

In seinem neuen Roman «Das Buch eines Sommers. Werde der du bist» reflektiert Kast dieses Erlebnis: «Wenn wir unsere Endlichkeit fühlen, wenn wir sie richtig spüren, dann erkennen wir das Leben, wie es ist, bekommen wir einen Sinn für das Wesentliche.»

Das Bewusstsein des Todes ist nach Kast also ein Heilmittel gegen unsere «Aufschieberitis», gegen die Neigung, das Leben hinauszuschieben, es zu verschwenden und uns vom Wesentlichen abzulenken.

Sternstunde Philosophie, SRF 1, 29.11.2020, 11.00 Uhr

Meistgelesene Artikel