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Eröffnung von Shein-Geschäft Paris sagt «Non!» zu Billig-Modehaus Shein

Paris ist die Stadt der Liebe und die Stadt der Mode. Allerdings gibt es in Sachen Mode gerade grossen Aufruhr. Denn dieser Tage soll der chinesische Modehersteller Shein eine 1000 Quadratmeter grosse Verkaufsfläche in einem Traditionskaufhaus eröffnen. Frankreich-Expertin Simone Hoffmann hat sich den Fall angeschaut.

Simone Hoffmann

Frankreich-Korrespondentin

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Seit 2001 lebt und arbeitet Simone Hoffmann in Paris. Als freie Filmautorin und Journalistin ist sie seit 2004 vor allem für die deutschen und französischen Sender Arte, ARD, France2, M6, 3Sat und ZDF tätig. Seit 2016 arbeitet Simone Hoffmann zudem als Korrespondentenvertretung für SRF in Paris.

SRF: Was ist da los mit Shein und Paris?

Simone Hoffmann: Das ist das Aufeinandertreffen von zwei Welten. Auf der einen Seite das Bazar de l'Hotel de Ville (BHV): Es ist eines der ältesten Kaufhäuser der ganzen Stadt, das 1856 eröffnet wurde, und es befindet sich direkt neben dem Pariser Rathaus. Viele mittlere und kleinere französische Mode- und Designmarken haben hier Verkaufsflächen, und das BHV gilt als eines der Wahrzeichen der Stadt.

Die chinesische Modemarke Shein hingegen ist eher bekannt für die günstige Kleidung – die per Web kommerzialisiert und unter Missachtung von europäischen Leitlinien für Nachhaltigkeit hergestellt wird.

Knallige Shein-Kleider hängen an Bügeln
Legende: Was im Laden nach Glitzer und Party aussieht, wird unter üblen Bedingungen produziert. Getty Images/Stephanie Keith/Bloomberg

Was macht die Situation in Paris und Frankreich speziell?

Das Shein nun mitten in der Stadt, unweit vom Büro der Pariser Bürgermeisterin, seine erste Verkaufsfläche bekommen soll – das ist schon ein echter Skandal in der Modewelt. In den letzten Jahren gab es in Frankreich eine grosse Bewegung. Nachhaltigkeit und «Made in France» geraten immer mehr in den Mittelpunkt.

Von politischer Seite gab es heftigen Gegenwind.

Selbstverständlich hat Mode in Frankreich auch einen besonders hohen Stellenwert, weil sie als Teil des Kulturgutes geschätzt wird. Und Shein ist letzten Endes der totale Gegenentwurf. Der französische Senat hat daher im Juni 2025 ein Gesetz vorgeschlagen, das sich ziemlich direkt auf Shein bezieht und Strafen für Verletzungen von Produktionsmethoden vorsieht sowie Werbung verbietet.

Trotzdem soll das Modegeschäft Shein nun eröffnen. Sind Demonstrationen und Proteste zu erwarten in Paris?

Seit der Ankündigung vor ein paar Wochen haben bereits mehrere französische Marken ihre Verkaufsflächen im BHV aufgegeben – sie wollen nicht mit Shein assoziiert werden. Auch von politischer Seite gab es heftigen Gegenwind. Angefangen bei Stadtpolitikern wie der Bürgermeisterin Anne Hidalgo bis hin zum Handelsminister Serge Papin, der sich eindeutig gegen die Anwesenheit von Shein im BHV ausgesprochen hat. Gewerkschaften der Angestellten des Kaufhauses haben zu Streiks aufgerufen.

Viele Angestellten fragen sich mittlerweile, ob das BHV diesen Skandal überlebt.

Auch Banken, die mit dem Unternehmen, das BHV sowie mehrere Galeries Lafayette in Frankreich besitzt, über Kredite verhandeln, haben sich zurückgezogen. Eine Onlinepetition gibt es auch, mit mittlerweile über 110'000 Unterzeichnenden. Ein Skandal also, der weite Kreise zieht.

Gruppe von Menschen bei einer Protestveranstaltung auf der Strasse.
Legende: Paris: Aktivistinnen und Aktivisten versammeln sich vor dem Bazar de l'Hotel de Ville, um gegen die Eröffnung des Shein-Geschäfts zu protestieren. Sie prangern die Arbeitspraktiken und Umweltauswirkungen der Billig-Modemarke an. (10. Oktober 2025) IMAGO / IP3press

Was bedeutet diese Situation jetzt für das Traditionskaufhaus, das Bazar de l'Hotel de Ville?

Für das BHV ist die Situation wirklich sehr schwierig. Bereits vor Ankündigung der Partnerschaft mit Shein war es in finanziellen Schwierigkeiten. Diese sollte eigentlich mit der überraschende Zusammenarbeit mit Shein behoben werden, um neue Kunden ins BHV zu locken. Doch jetzt haben sich die Schwierigkeiten ausgeweitet. Denn vor wenigen Tagen gab Disney Frankreich bekannt, dass sie auf eine Zusammenarbeit mit dem BHV für die Weihnachtsdekoration der Schaufenster und einen Verkaufsstand im Kaufhaus verzichten. Die Polemik um Shein sei zu dominant.

Viele Angestellten fragen sich mittlerweile, ob das BHV diesen Skandal überhaupt überlebt, oder ob das Kaufhaus auf lange Sicht schliessen muss.

Das Gespräch führte Caroline Lüchinger.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur-Aktualität, 31.10.2025, 8:06 Uhr ; 

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