Nach Basel folgt Wien: Der nächste Eurovision Song Contest wird nach dem 2025er-Sieg von Johannes Pietsch «JJ» in der österreichischen Hauptstadt Wien über die Bühne gehen. In der Donaumetropole hat man bereits Erfahrung mit dem ESC, denn schon 1967 und 2015 fand der Event dort statt. Österreich-Korrespondent Peter Balzli ordnet ein.
Warum Wien?
Es sei ein einstimmiger Entscheid für Wien gewesen, sagen die Verantwortlichen. Wien ist mit Abstand die grösste Stadt Österreichs. Wien hat die Stadthalle, Wien hat die Erfahrung, Wien hat die meisten Hotels. Beworben hatte sich auch Innsbruck mit seiner Olympiahalle und dem Slogan «Together on Top». Aber Innsbruck unterlag.
Was heisst der Wien-Entscheid für Österreich?
Der Entscheid bestätigt und bestärkt das alte Vorurteil, dass Wien alle interessanten Anlässe an sich reisst und den Rest von Österreich aussen vor lässt. So ist es auch diesmal. Viele Menschen in Tirol sind deshalb enttäuscht. Der Innsbrucker Bürgermeister sagte, der Entscheid sei schwer nachvollziehbar. Aber viele Menschen in Innsbruck reagierten auch mit Erleichterung. Eine Oppositionspolitikerin sagte, die Stadt solle sich besser um die Bürgerinnen und Bürger kümmern, als Millionen in unrealistische Grossanlässe zu stecken. Ein anderer Politiker sagte, Innsbruck bliebe so ein finanzielles Fiasko erspart.
Wäre man in Innsbruck für den ESC bereit gewesen?
Innsbruck hätte es sicher geschafft. Aber es ist schwer für eine kleine Stadt, sich gegen die Grossstadt Wien durchzusetzen. Gegen Innsbruck sprach: In Tirol hätten die Künstlerinnen und Künstler ihre Garderobe nicht in der Olympiahalle gehabt, der Transport wäre sehr umständlich gewesen. Zweitens: die Hotelkapazität in und um Innsbruck: Sie ist zwar vorhanden, aber teilweise recht weit ausserhalb der Stadt. Zudem lockt der ESC mittlerweile viele queere Menschen an. Für sie bietet Wien sicherlich mehr Angebote und Szenelokale als das beschauliche Innsbruck.
Ist der ESC in Wien gefährdeter als an einem kleineren Ort?
Denken wir an terroristische Attentate oder Drohungen wie zum Beispiel beim Taylor Swift-Konzert in Wien vor einem Jahr, das ja dann wegen der Anschlagsgefahr abgesagt wurde. In grossen Städten gibt es naturgemäss mehr Extremisten als in kleineren Städten. Auch der Täter des Wiener Amoklaufs im Jahr 2020 war ein Wiener Islamist. Er erschoss in der Innenstadt vier Menschen und verletzte zahlreiche weitere, zum Teil schwer. Auf der anderen Seite kann so ein Anschlag eben überall ausgeführt werden, ganz egal wo und ganz egal woher der Täter kommt.
Worauf macht man sich gefasst in Wien?
Man bereitet sich auf einen gigantischen Anlass vor. Die Zeiten, als der ESC ein kleiner Gesangswettbewerb war, sind vorbei. Der Song Contest in Basel kostete dieses Jahr ungefähr 60 Millionen Franken. Nun wird es eher noch teurer werden. Es ist wieder mit massiven Protesten gegen die Teilnahme von Israel zu rechnen. Damit steigen die Kosten für die Sicherheit.
Wie blickt man in Österreich generell auf den ESC?
Die meisten Menschen in Österreich sind stolz, diesen Wettbewerb gewonnen zu haben und ihn jetzt durchzuführen. Wien hat das Image einer Kulturstadt, einer Musikstadt. Man denke an Mozart, Beethoven, den Wiener Walzer, das Neujahrskonzert. Aber das ist alles alte Kultur und klassische Musik. Dann kam der Sieg von Conchita Wurst 2014. Der ESC 2015 ermöglichte Wien, sich kulturell neu zu positionieren und damit Österreich ein moderneres, jüngeres Image zu geben. Das spürt man hier bis heute.