Es sei ein «unhaltbarer Zustand», dass das Mittelmeer zum Massengrab wird, sagt Monika Hungerbühler, Leiterin der Offenen Kirche St. Elisabethen in Basel. Sie organisiert in Basel die Aktion «Beim Namen nennen» . Diese findet rund um den Flüchtlingssonntag am 21. Juni in fünf Schweizer Städten statt.
Über 40'000 Verstorbene
Inspiriert ist die Aktion von der Forensikerin Cristina Cattaneo aus Mailand. Von den im Mittelmeer Ertrunkenen bleiben Name und Identität meistens unbekannt. Cattaneo versucht mühsam, sie herauszufinden – anhand von Knochen- oder Zahnsplittern, Kleidungsstücken oder Dokumenten.
Seit 1993 führt die Organisation «United against refugee deaths» eine Liste der Verstorbenen. Rund 40‘000 Tote wurden seither gezählt, die Organisation schätzt, dass mehrere Tausend mehr im Mittelmeer ums Leben kamen. Name, Alter, Herkunft, Todesort: meistens steht dort N.N. für unbekannt.
Wie ein Mantra
Bei der Aktion «Beim Namen nennen» geht es darum, die Namen der Verstorbenen aufzuschreiben, vorzulesen und aufzuhängen sowie Briefe an den Bundesrat zu schreiben. Je nach Stadt variieren Zeiten und Rahmenprogramm. Die Aktion wird von Kirchen organisiert und hat viele Partner und Unterstützer.
Der Toten zu gedenken ist für die Theologin Monika Hungerbühler eine wichtige Aufgabe. Es solle wie eine «gefährliche Erinnerung» sein, die dazu beiträgt, dass das Sterben auf der Flucht aufhört.
Wie ein Mantra, wie ein mystisches Gebet sei das Lesen der Namen. In der Kirche sei dafür Raum. Es sei schwierig, erzählt sie, weil «diese Menschen ein Stück real werden.»
Ein Brief für jede Person
Neben dem Erinnern ist die politische Forderung ein Schwerpunkt der Aktion. 38‘739 Briefe sollen beim Bundesrat in Bern ankommen, mit Kopie an die EU. Symbolisch ein Brief pro Verstorbenem.
Die Briefe appellieren an das humanitäre Erbe der Schweiz und bitten die Regierung, sich in der europäischen Debatte zu positionieren und möglichst viele Menschen aus den Lagern in Griechenland aufzunehmen.
«Ich kann es fast nicht aushalten»
Rachel Klein macht ehrenamtlich bei der Aktion mit, weil sie es «entsetzlich» findet, wie die Schweiz sich in der Flüchtlingsfrage verhält. Sie möchte, dass die Schweiz nicht das Minimum, was sie gesetzlich muss, sondern das Maximum, das gesetzlich möglich ist, an Geflüchteten aus den griechischen Lagern aufnimmt.
«Ich kann es fast nicht aushalten», sagt die 60-jährige Logopädin. Deshalb hat sie vor 4 Jahren auch einen afghanischen jungen Mann aufgenommen. «Es gibt mir etwas Entlastung, wenn ich das tue, was ich tun kann.»