Zum Inhalt springen

«Ganz grosse Kunst» Ottos Ottifanten unterwandern die Kunstgeschichte

Der deutsche Kult-Komiker Otto Waalkes parodiert in seinem neuen Bildband «Ganz grosse Kunst» alte Meisterwerke und interpretiert diese mit Ottifanten neu. Dies, kurz nach der Aufregung um Warnhinweise zu seinen alten Shows.

«Ach, die Warnhinweise, richtig», sagt Otto Waalkes, als erinnerte er sich gerade erst wieder an den jüngsten Wirbel um ihn.

Der WDR hatte den «Otto-Shows» aus den 70er-Jahren Warnhinweise vorangestellt, anstatt auf die Mündigkeit der Zuschauer zu vertrauen, die ein halbes Jahrhundert alte Komik selbst einzuordnen.

Warnhinweise vor alten «Otto-Shows»

Box aufklappen Box zuklappen

Der Westdeutsche Rundfunk (WDR) zeigte zum 75. Geburtstag von Otto Waalkes im Juli 2023 alte Folgen der «Otto-Show» aus den 1970er-Jahren. Diese wurden vom Sender mit Warnhinweisen versehen. Der Grund: Manche Witze Ottos könnten heute als diskriminierend empfunden werden.

Nun sitzt Otto in seinem Hamburger Büro, in seinem Schoss sein neues Buch. Ob es darin Bildelemente gebe, die heute als diskriminierend betrachtet werden könnten, fordere ich den Komiker augenzwinkernd heraus. «Ja, bestimmte Farbkompositionen beleidigen das Auge geradezu und könnten sehr verletzend sein», antwortet Otto scherzend. «Aber das hängt ja von dem Ursprungsmaler ab. Das lasten wir ihm mal an.»

Mann mit kurzen blonden Haaren und Kappe steht vor einer Staffelei mit einem Gemälde. Er trägt Malerkittel und Palette.
Legende: Der studierte Kunstpädagoge und Kult-Komiker Otto Waalkes im Atelier. Kunst kann also Spass machen! Heyne / © MIKEKRAUS

Carl Spitzweg ist einer dieser «Ursprungsmaler», deren Meisterwerke der Komiker liebevoll parodiert. Spitzwegs bekanntestes Gemälde «Der arme Poet» hat Otto uminterpretiert. Er hat sich kurzerhand selbst ins Bett des ärmlichen Dachzimmers gemalt, ausserdem mehrere Ottifanten. Sie sind der rote Faden in dieser witzig-rasanten Tour durch die Kunstgeschichte. Neben dem Pilsumer Leuchtturm seiner ostfriesischen Heimat und Ottos Gitarre.

Ein blauer Ottifant als Scherenschnitt im Stil von Herni Matisse
Legende: Kunstgeschichte mit Augenzwinkern. Henri Matisses berühmten Scherenschnitt «Nu bleu I» ziert bei Waalkes ein «matter» blauer Ottifant. Otto Waalkes

Er wollte die Entwicklung des Ottifanten von der Steinzeit bis zur digitalen Verarbeitung malen. Weil er das Gefühl hatte, der Ottifant sei in der abendländischen Malerei ein bisschen zu kurz gekommen. «Da habe ich dann mit Ottifanten Werke von Malern versehen, die ich sehr bewundere», erzählt Otto.

Ottifant statt Apfel

Von der Höhlenmalerei über Rembrandt bis hin zu Banksy – dem studierten Kunstpädagogen Otto Waalkes ist eine wunderbar humorvolle Hommage geglückt. Man muss laut auflachen, wenn man sieht, dass der Komiker aus René Magrittes «Der Sohn des Menschen» ein Selbstporträt mit grünem Ottifanten statt Apfel vorm Gesicht gemacht hat.

Mann sitzt auf Matratze am Boden eines Dachgeschosszimmers. Er skizziert Elefanten, der als Comic-Version vor ihm ist
Legende: Lachgarant trifft Suchspiel: Otto Waalkes belebt bekannte Meisterwerke mit seinen Ottifanten – hier in Spitzwegs «Der arme Poet». Otto Waalkes

Jan Vermeers Gemälde «Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge» hat er in «Das Mädchen mit dem Ottifantenohrring» umgedeutet. Hinzu kommen die sehr gelungenen, informativen bis absurd komischen (und garantiert diskriminierungsfreien) Texte.

Kunstpädagoge Waalkes

Fragt sich, ob Waalkes bei einigen Künstlern Hemmungen hatte, deren Werk mit einem Ottifanten zu verschandeln, pardon: auszustatten. «Nein, ganz im Gegenteil», antwortet er. Die alten Meister könnten sich ja nicht mehr wehren. Aber die neuen Meister, die wurden ihn deswegen sogar loben und das als Bereicherung ansehen.

Gemälde eines Mannes mit Kappe, schwarzem Anzug und roter Krawatte. Vor seinem Gesicht schwebt ein grüner Ottifant.
Legende: Apfel-Elefant à la René Magritte. Otto selbst wird hier zum Hauptsujet des Bildes. Otto Waalkes

Otto hat seine Bilder in Kenntnis der ursprünglichen Maltechniken geschaffen, Kunstpädagogik-Studium sei dank. «Der Betrachter», sagt Otto, «hat eine Identifikationsmöglichkeit, weil er das Bild erkennt, und sieht dann plötzlich einen Ottifanten integriert und ist dadurch irritiert. Identifikation, Irritation – oh, das klingt gut.»

Warnhinweise machen neugierig

Fragt sich, was der Pädagoge in Otto denn nun zu den pädagogischen Warnhinweisen des WDR sagt. Er habe sich wahnsinnig gefreut. «Die Leute unterstützen mich. Und die Kinder werden neugierig, wovor da wohl gewarnt wurde. Wir haben nur die kleine Pandora-Büchse geöffnet.»

Wie im neuen Buch stösst man in den alten «Otto-Shows» vor allem auf befreiend anarchischen Humor: «‹Hello Paul, you are again the latest!› – ‹Hallo Paul, du bist mal wieder das Allerletzte.›»

Buchhinweis

Box aufklappen Box zuklappen
Buchcover, Neuinterpretation des Bildes «Der arme Poet» von Spitzweg. Mann sitz auf Kissen in einem Dachgeschosszimmer.
Legende: Buchcover Heyne

Otto Waalkes: Ganz grosse Kunst. 75 Meisterwärke. Mit einem Vorwort von Denis Scheck. Heyne. 176 Seiten.

Die Kultur-Highlights der Woche im Newsletter

Box aufklappen Box zuklappen

Entdecken Sie Inspirationen, Geschichten und Trouvaillen aus der Welt der Kultur: jeden Sonntag, direkt in Ihr Postfach. Newsletter jetzt abonnieren .

Radio SRF Kultur, Kultur Aktuell, 4.10.2023, 17:20 Uhr

Meistgelesene Artikel