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Geschichte der Games Von «Pong» bis Pokémon

Begeisterte Kinder, warnende Medien, besorgte Eltern: Games erhitzen seit jeher die Gemüter. Ein Blick ins SRF-Archiv.

Die Anfänge: Arcade-Games auf dem Atari

Zwei weisse Rechtecke und ein Punkt auf schwarzem Hintergrund. Mehr brauchte es Anfang der 70er-Jahre nicht für ein Videospiel. «Pong» hiess das simple Spiel, das zu dieser Zeit die Spielsalons eroberte.

Ende der 1970er-Jahre kamen Games ins Wohnzimmer. Beat Suter, Dozent für Game Design an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), erklärt: «Klone der ‹Pong›-Konsole konnte man 1978 als ‹Telespiele› auch in der Migros kaufen. Diese Geräte waren schon recht verbreitet.»

Später wurde die Konsole Atari 2600 beliebt, Games wie «Pac-Man», «Space Invaders» oder «Asteroids» sind bis heute Klassiker. Fünf Jahre lang erfreute sich die Konsole grosser Beliebtheit. Dann lief der Heimcomputer ihr den Rang ab – Atari stürzte in die Krise.

  • Zeit: 1970er- und 1980er-Jahre
  • Gerät: Automaten in Spielsalons, später erste Konsolen (Atari, Comodore)
  • Das wichtigste Game: «Pong» war der erste grosse Erfolg

Die Debatte

Mit den ersten Spielkonsolen fand die Computertechnologie ihren Weg ins Wohnzimmer, zu Beginn der 1980er-Jahre folgte der Heimcomputer. Das weckte Begeisterung. «Man staunte über die Technologie, war von der Interaktivität beeindruckt», sagt Beat Suter.

Das Staunen über die Leistungsfähigkeit von Computern war aber begleitet von leisen Ängsten: Wie funktioniert dieses Gerät? Muss ich es bedienen können? Und: Nimmt mir der Computer schon bald die Arbeit weg?

Games für Väter: Adventures auf dem PC

Der PC kam zwar als Arbeitsgerät ins Haus, man benutzte ihn aber von Anfang an auch als Spielgerät. Besonders beliebt waren Adventure-Games.

«Diese Spiele sprachen Erwachsene an», erklärt Beat Suter: «Es kam mehr Story dazu und die Rätsel waren eine echte Herausforderung.» In Adventure-Games steuert man eine Figur – einen König zum Beispiel, einen Archäologen, Möchtegernpiraten oder Polizeihund – durch eine oft skurrile Geschichte, sammelt Gegenstände und löst Rätsel.

  • Zeit: Anfang 1980er- bis Mitte 1990er-Jahre
  • Gerät: PC
  • Das wichtigste Game: Bei Erwachsenen beliebt: Die Abenteuer mit der Figur Larry Laffer, der 1987 in «Leisure Suit Larry in the Land of the Lounge Lizards» seinen ersten Auftritt hatte. Der klein gewachsene Schürzenjäger wollte stets nur eines: wilden Pixelsex. In den späten 1980ern waren Larrys schlüpfrige Abenteuer Kult.

Die Debatte

Games wurden zu dieser Zeit zu einer gängigen Freizeitbeschäftigung. Dank der gewachsenen Komplexität begegneten ihnen Erwachsene mit mehr Wohlwollen.

Mancher blickte dennoch spöttisch auf das «Compüterle»: Gamer wurden als «Computerfreaks» bezeichnet, die nächtelang sinnlos in den Bildschirm starren.

«It’s-a me, Mario!»: Die Nintendo-Ära

Mitte der 1980er-Jahre dominierte Nintendo den Markt mit dem Nintendo Entertainment System (NES). 1992 brachte der «Super Nintendo» eine neue Farbenpracht in die Stube. Mit dem «Game Boy» konnten Nintendo-Games auch unterwegs gespielt werden.

  • Zeit: Mitte der 1980er- und frühe 1990er-Jahre
  • Gerät: NES, SNES, Game Boy
  • Das wichtigste Game: Beliebt waren Rollen-, Prügel- und Rennspiele, vor allem aber die Jump’n’Run-Spiele mit dem italienischen Klempner Mario, der in «Super Mario Bros.» erstmals durch bunte Welten mit Schildkröten und Pilzen hüpft.

Die Debatte

In dieser Zeit wurden Games zum grossen Geschäft. Man sorgte sich, dass es der riesige Nintendo-Konzern gezielt auf das Taschengeld der Kinder abgesehen habe. Obwohl Nintendo sich stets familienfreundlich gab, wuchs die Sorge um Gewalt in Videospielen.

Blutiger Realismus: 3D-Games

Mitte der 1990er-Jahre erreichten Games die dritte Dimension: «Der Wechsel von 2D zu 3D war ein grosser Wendepunkt», sagt Game-Design-Dozent Beat Suter.

Neue Konsolen wie die Playstation von Sony und leistungsfähigere PC-Hardware ermöglichten spektakuläre Game-Welten. Damit einher ging der Aufstieg des Ego-Shooters: Fortan sahen Gamer virtuelle Welten mit dem Blick einer unsichtbaren und schwer bewaffneten Figur, die düstere Gänge durchschreitet und unzählige Feinde über den Haufen schiesst.

  • Zeit: Ab den 1990er-Jahren
  • Gerät: PC, Playstation
  • Das wichtigste Game: Der erste grosse Shooter-Hit war «Doom». Dessen grafischer Meilenstein war so erfolgreich wie umstritten. Das Genre erfreut sich bis heute grosser Beliebtheit – und bleibt bis heute umstritten.

Die Debatte

Mit dem Aufstieg des Ego-Shooters war Gewalt das dominierende Thema, wenn über Games gesprochen wurde. Beat Suter: «Als die Spiele realistischer wurden, begann auch die Diskussion um Gewalt. In den 1990er-Jahren waren Games sehr negativ behaftet.»

Die Debatte um sogenannte Killerspiele wurde intensiv geführt. Diskutiert wurden Verbote und immer wieder auch die Frage: Machen diese Spiele gewalttätig?

Weltweit und rund um die Uhr: Online-Games

Gemeinsames Spielen fand bis zu diesem Zeitpunkt im Wohnzimmer statt, mitmachen konnten nur so viele, wie man Controller hatte. Mit dem Internet spielte man nun zu Tausenden und weltweit.

Daraus entwickelte sich ein neues Genre mit einem komplizierten Namen: Das «Massively Multiplayer Online Role-Playing Game», etwas kürzer «MMORPG». Darin schlüpft die Spielerin in die Haut eines Avatars, mit dem sie gigantische Welten erkundet. Andere Spieler sind Verbündete oder Feinde. Die eigene Figur gewinnt mit Erfahrung an Stärke.

  • Zeit: 2000er-Jahre
  • Gerät: PC
  • Das wichtigste Game: 2005 erschien «World of Warcraft», das erfolgreichste MMORPG. Es läuft bis heute, zeitweise wurde es von 12 Millionen Menschen gespielt. E-Sports wurden zum globalen Phänomen: Professionelle Gamer, die sich in weltweiten Turnieren messen, mit Millionen von Zuschauern.

Die Debatte

Games wie «World of Warcraft» sind nie fertig. Sie seien «so gestaltet, dass man seine Figur immer weiter upgraden muss. Das kann dazu führen, dass man stunden- oder tagelang spielt», sagt Beat Suter.

In der Öffentlichkeit tauchte «World of Warcraft» deshalb vor allem im Zusammenhang mit einer Frage auf: Machen Games süchtig?

Immer, überall und für alle: Handy-Games

Mit dem Smartphone trägt heute jede und jeder mehr Rechenpower in der Hosentasche, als einst in einer ganzen Konsole steckte. Games werden damit zunehmend mobil.

«Casual Games», wie solche mobilen Zwischendurch-Spiele genannt werden, sind nicht mehr nur für jugendliche Hardcore-Gamer interessant, sondern werden von fast allen gespielt, sagt Suter: «Handy-Games können heute 90 Prozent der Leute erreichen. Eine Konsole hingegen haben heute etwa 25 bis 30 Prozent der Leute.»

  • Zeit: Ab 2007
  • Gerät: Smartphone
  • Das wichtigste Game: Handy-Gamer lassen sich gerne von kostenlosen Games mit einfachen Spielprinzipien locken. Zu den erfolgreichsten Smartphone-Spielen gehören etwa das Süssigkeiten-Puzzle «Candy Crush» oder «Clash of Clans».

Die Debatte

Smartphone-Games setzen meist auf ein perfides Finanzierungsmodell. Die Games sind «free to Play» – das Spiel an sich ist also kostenlos. Im Spiel selbst kann man aber mit echtem Geld Spielfiguren aufwerten, Gebäude kaufen oder Abläufe beschleunigen.

Die Games setzen raffinierte Strategien ein, um ihrem – oft jungen – Publikum Schritt für Schritt das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ins Blickfeld der Medien geraten Handygames im Sommer 2016, als ein Hype um das Spiel «Pokémon Go!» um die Welt geht. Die grosse Sorge ist dabei, dass unaufmerksame Gamer Verkehrsunfälle verursachen oder auf der Jagd nach Pokémons verbotene Orte betreten.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, 100 Sekunden Wissen, 7.12.2019, 06:20 Uhr.

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