Die Geschichte der Schuhfabrik beginnt mit Franz Ulrich Bally, der 1765 aus Vorarlberg in die Schweiz einwandert. Er kann weder lesen noch schreiben und findet zunächst als Maurer bei einem Seidenband-Fabrikanten in Aarau eine Arbeit. Bald steigt er selbst in den Bandhandel ein und lässt sich in Schönenwerd nieder.
Einer seiner Söhne kommt auf die Idee, vulkanisierten Naturkautschuk in die Bänder einweben zu lassen. Diese werden dadurch elastisch und zu einer Errungenschaft: Sie dienen als Strumpfhalter und Hosenträger.
Vorsprung dank Elastikband
Ein Nachfahre aus der dritten Generation, Carl Franz Bally, kommt auf eine weitere Idee: Mit dem praktischen Gummiband lassen sich auch halbhohe Schuhe ausrüsten. Damit wird das An- und Ausziehen erleichtert – ohne Schnürsenkel oder Knöpfe. 1851 lässt er von einem Schuhmacher einen Prototyp herstellen und drei Jahre später eine Fabrik bauen.
Ein typisches Beispiel der Schweizer Wirtschaftsgeschichte, findet Philipp Abegg, der zusammen mit Martin Matter die Geschichte des Unternehmens aufgezeichnet hat.
«Bally konnte bereits Mitte des 19. Jahrhunderts von einem günstigen politischen Umfeld profitieren und von der Möglichkeit, viele billige Arbeitskräfte zu rekrutieren», ergänzt Abegg.
Für das Personal richtet der Unternehmer 1855 eine Krankenkasse ein, drei Jahre später lässt er für die Belegschaft eine Wohnsiedlung errichten. Bald expandiert das Unternehmen ins Ausland. Um 1900 hat Bally 7000 Beschäftigte, darunter viele Frauen. Die meisten leisten im Zehn-Stunden-Tag monotone Akkordarbeit.
Der Weg zur Weltmarke
Die ersten Bally-Modelle sind solide und preisgünstige Alltagsschuhe und tragen kein Firmen-Etikett. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wird die Marke lanciert, begleitet von Werbekampagnen mit Plakaten, Schaufenstern und schicken Ladenlokalen.
Dieses Marketing wirkt den Absatzkrisen, etwa in den 1930er-Jahren, entgegen. Zudem hilft zu der Zeit das Lobbying im Bundeshaus, sagt Abegg mit Blick auf die «Bally-Herren»: «Sie setzten durch, dass der Bundesrat ein Verbot erliess und damit verhinderte, dass weitere Schuhfabriken und Schuhläden eröffnet wurden. Das war eine protektionistische Massnahme, die gegen Bata gerichtet war.»
Bald darauf aber, 1938, kommt die Firma selbst unter Druck: Mit dem sogenannten «Anschluss» Österreichs an das Deutsche Reich übernimmt Bally die Vorgaben der Nationalsozialisten. Das Unternehmen kauft in seiner Tochterfirma in Wien, diejenigen Anteile auf, die bisher einem jüdischen Mitbesitzer gehört haben, und entlässt das jüdische Personal.
Für die Kriegswirtschaft
Für Abegg, der die Ballyana-Stiftung präsidiert, ist das ein «hässliches Kapitel» in der Firmengeschichte: «Die Wiener Fabrik wurde arisiert. Während der NS-Zeit und des Zweiten Weltkriegs hat Bally Wien für den deutschen Markt gearbeitet und komplett auf die Kriegswirtschaft umgestellt.» Wie dies geschah, arbeitete Ende der 1990er-Jahre die Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg auf.
Die letzten 20 Jahre der Firmengeschichte – bis Bally 1999 an ausländische Käufer übergeht – werden im Buch nur knapp skizziert. Auch wenn diese Recherche noch aussteht, rollt das neue Buch zu Bally sehr informativ und reich illustriert Schweizer Wirtschaftsgeschichte auf.