Die Häuschen, die Tierchen, die Blümchen – der Idylle auf dem Ballenberg traut man dieser Tage nicht so ganz. Weshalb ist Museumsleiterin Katrin Rieder Knall auf Fall gegangen? Und wieso vereinbart man Stillschweigen über das Adieu? Am 29. Juli bestätigte das Freilichtmuseum die Kündigung seiner Direktorin.
In Fachkreisen regt sich Unmut. Am 11. August formulierten 26 Wissenschaftler aus Schweizer Universitäten einen offenen Brief. Darin fordern sie die Verantwortlichen des Freilichtmuseums auf, «den Vorkommnissen auf den Grund zu gehen und die Öffentlichkeit baldmöglichst zu informieren».
Mit Katrin Rieder sei eine fähige Direktorin «einfach abserviert worden», sagt Mit-Unterzeichnerin Tanja Rietmann gegenüber Radio SRF 2 Kultur. An Rieders Arbeit sei bis dahin kaum nennenswerte Kritik geäussert worden.
Auch verlangt die Historiker-Gruppe Auskunft darüber, wie das Museum sich künftig auszurichten gedenke. In den Augen der Wissenschaftler solle der Ballenberg keine heile Schweiz abbilden. Es müsse wissenschaftlicher, faktentreuer, vermittelnder gearbeitet werden.
Museum gibt Trägheit zu
Die Antwort des Ballenberg-Stiftungsrates folgt zwei Tage später – und sie ist doch nur eine halbe. Ex-Direktorin Katrin Rieder wird im zweiseitigen Schreiben mit keinem Wort erwähnt. Dabei hatten die Historiker gebeten, das «Vertrauen in der Öffentlichkeit wieder herzustellen».
Auch im Interview mit Radio SRF 2 Kultur bleibt Stiftungsrat Samy Bill zur Causa Rieder wortkarg. «Das ist eine interne Sache, die wir nicht breittreten wollen und müssen – nicht zuletzt auch, weil wir mit Frau Rieder eine Vereinbarung haben», sagt er und führt rechtliche Gründe für sein Stillschweigen an.
Der Ballenbergschen Brief-Antwort ist durchaus Selbstkritik zu entnehmen. «Dass das Freilichtmuseum Ballenberg eine äusserst träge Institution ist, liegt auf der Hand», schreibt Samy Bill an die Historiker-Gruppe. Die Fakten sprechen für sich: rund 70 Personen im Stiftungsrat, 17 im Vorstand, 5 in der Geschäftsleitung. Dazu ein Konglomerat aus Vereinen, Stiftungen und Aktiengesellschaften, die im Betrieb mitmischen. Rasche Richtungswechsel sind unmöglich.
Wenig Geld für schlaue Köpfe
Hinzu kommt: Der Betrieb setzt zum grossen Teil auf Freiwilligenarbeit. Es gestalte sich laut Samy Bill schwierig, adäquates Personal zu finden, müsste dieses doch in «unbezahltem Nebenjob» arbeiten. Fähige, junge Wissenschaftler heuern so nicht an. Und gerade die, die zu solchen Bedingungen arbeiteten, wolle man ersetzen: die Pensionierten.
«Wenn Ihr nun nach ‹Professionalität der Führung der Stiftung› verlangt, dann können meine Kollegen und ich dem nur zustimmen», so der Wortlaut des Briefes. «Aber die Professionalität kostet Geld, das wir im Moment nicht haben.»
Man gebe pro Jahr eine Million Franken «rein für den Unterhalt der Häuser» aus, sagt Samy Bill im Interview. «Wir können die Erhaltung von Kulturgut nicht auch noch finanzieren.»
Ex-Direktorin Katrin Rieder war das sehr bewusst. Das Museum – bisher zu mehr als 90 Prozent selbstfinanziert – fordert Geld von der öffentlichen Hand. 90 Millionen Franken schwebten Katrin Rieder noch im März 2014 vor. Dafür wollte sie das Museum konsequent auf wissenschaftliche Faktentreue trimmen. Zu einem nationalen Museum mit Leistungsauftrag ausbauen. Jetzt entscheidet der Ballenberg ohne sie über seine künftige Ausrichtung.