«Offen und ehrlich: Ich bin überrascht und auch ein bisschen befremdet, weil wir im Stiftungsrat von dieser Massnahme nichts gewusst haben», sagte gestern Ursula Haller, BDP-Nationalrätin und Vorstandsmitglied vom Freilichtmuseum Ballenberg gegenüber Radio SRF 2 Kultur. Als sie vom Abgang Katrin Rieders erfuhr, war sie sehr erstaunt – und fühlte sich übergangen.
Der Stiftungsrat vom Ballenberg und Katrin Rieder haben über die Hintergründe der Kündigung Stillschweigen vereinbart. Natürlich habe die Geschäftsleitung in personellen Fragen noch mehr Kompetenz als der gesamte Stiftungsrat, sagt Ursula Haller. Aber im Vorfeld hätte man eine Krisensitzung abhalten müssen, um zu schauen, ob das die richtige Entscheidung sei.
Ein ungünstiger Zeitpunkt
Ausserdem, so Haller, sei auch der Zeitpunkt des Führungswechsels ungünstig. Gerade jetzt, wo in Bern erfolgreich damit begonnen wurde, um mehr staatlich Subventionen für das Freilichtmuseum Ballenberg zu werben.
BDP-Ständerat Werner Luginbühl hatte im Frühjahr eine Motion eingereicht. Diese fordert, in der kommenden Kulturbotschaft den Ballenberg mit 90 Millionen Franken zusätzlich zu unterstützen. Der Ständerat hat die Motion angenommen, im Herbst entscheidet der Nationalrat darüber.
Ursula Haller sagt dazu: «Der Zeitpunkt ist auch psychologisch gesehen ungut. Es könnte nämlich sein, dass es in der Politik dann schnell heisst: ‹Löst zuerst eure personellen Probleme. Dann schauen wir weiter›.»
Mehr Vermittlung statt bloss Freizeitpark
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Eines ist nämlich sicher: Das Freilichtmuseum Ballenberg hat das Geld dringend nötig. Es braucht finanzielle Unterstützung für den Unterhalt der historischen Bauernhäuser, für Forschung und für Vermittlung. Vermittlung war das Hauptanliegen der Geschäftsleiterin Katrin Rieder. Sie hat sich für mehr wissenschaftliche Genauigkeit und mehr historisches Hintergrundwissen eingesetzt.
Ist dieser strategische Weg nun mit Rieders Abgang gefährdet? Ursula Haller verneint. Denn immerhin sei ja auch von Katrin Rieder eine Zukunftsstrategie erarbeitet worden – erste Schritte, das Freilichtmuseum zeitgemäss zu führen.
Dies ist auch nötig, ist Thomas Hengartner, Professor für Volkskunde an der Uni Zürich, der Meinung: «Es braucht mehr Vermittlung, und die Vergangenheit sollte noch mehr mit der Gegenwart konfrontiert werden.» Die Event-Angebote auf dem Ballenberg seien gut. Aber der Ballenberg, so Hengartner, habe dadurch auch den Charakter eines Freizeitparks. Das Museum dürfe noch mehr in Richtung «Geschichtswerkstatt» gehen.
Veränderte Bedürfnisse
Ursula Haller meint, es müsse bald gelingen, eine kompetente Nachfolge zu finden: «Wir müssen aktiv reagieren, etwa auf die veränderten Bedürfnisse der Jugendlichen. Wenn sich diese durch Social Media alles in die gute Stube holen können, dann muss auch ein Museum am Ball bleiben.»
Das Freilichtmuseum Ballenberg sucht seinen Weg in die Zukunft. Ob die Trennung von Katrin Rieder auf diesem Weg förderlich ist, bleibt offen.