Noch herrscht Winterbetrieb auf dem Ballenberg. Die historischen Häuser des Freilichtmuseums sind geschlossen. Arbeit aber gibt es auch jetzt zuhauf. Und erledigt wird sie wie zu Gotthelfs Zeiten: Mit einem schweren Pflug ziehen Ross und Bauer Furchen in den Ackerboden. Der Umgang mit Pferd und Pflug ist schweisstreibend und will gelernt sein, sagt der Bauer: «Wir sind hier am Pflügen, ich trainiere die Pferde für die traditionelle Landwirtschaft, die wir diesen Sommer hier zeigen wollen.»
Nicht nur heile Welt zu besichtigen
Im Moment haben vereinzelte Wandergruppen das weitläufige Gelände fast für sich alleine – bevor im Sommer Heerscharen von Besuchern auf den Ballenberg strömen. Sie wollen erleben, wie es früher war in der ländlichen Schweiz. Und viele sind wohl auch auf der Suche nach einer heilen Welt. Diese werden auf dem Ballenberg ordentlich überrascht, sagt Direktorin Katrin Rieder: «Wir sind nicht ein Museum der Blumentröge. Wir zeigen hier die Schatten- und Sonnenseiten der Vergangenheit, das Leben und Arbeiten in vergangenen Zeiten.»
Der Ballenberg wolle aber auch an Fragen der Gegenwart anknüpfen, fügt Rieder hinzu. Mit aktuellen Themen wie dem nachhaltigen Wirtschaften zum Beispiel, dem Recycling, Kulturlandverlust oder der Ernährungssicherheit. Das Konzept kommt an: Vier von fünf Schweizern kennen den Ballenberg. Rund 250'000 Eintritte wurden letztes Jahr verkauft, mehr als in jedem anderen Museum der Schweiz.
Eigenmittel reichen nicht mehr aus
Und doch ist das Freilichtmuseum gefährdet. «Heute und morgen wird sich das Museum noch halten können. Aber letztlich stellt sich die Frage: Ballenberg oder nicht Ballenberg.» Denn das vor 35 Jahren gegründete Freilichtmuseum braucht Geld – viel Geld: Über 90 Millionen Franken für die nächsten zehn Jahre.
Bis jetzt, so Rieder, habe man von der Hand in den Mund gelebt: «Man hat den Betrieb von Jahr zu Jahr organisiert, und man konnte wenig an die Zukunft denken, weil die Subventionen fehlten. Da war es nicht möglich, Rückstellungen zu tätigen.»
Der Betrieb des Freilichtmuseums wird bis jetzt zu über 90 Prozent aus eigenen Mitteln finanziert. Regelmässige Unterstützung gibt es nur vom Standortkanton Bern, nicht aber vom Bund und den anderen Kantonen. Lediglich für einzelne Projekte wurde jeweils Geld locker gemacht, etwa für den Kauf, den Transport und Wiederaufbau der historischen Häuser. Jetzt aber ist der Ballenberg im Wesentlichen gebaut.
Künftig mehr «Übersetzungsarbeit» nötig
Es braucht Geld für den Unterhalt, für zeitgemässe Ausstellungen, aber auch für professionelle Vermittler. Je länger je weniger kann das Freilichtmuseum nämlich auf das Vorwissen der Besucher zählen, sagt Rieder: «Da kommt nicht mehr der Grossvater mit seinem Grosskind ins Museum und kann sagen: ‹Weisch no, so heimer das früecher gmacht!› Wir werden Übersetzungsarbeit leisten müssen, wie auf einem römischen Gutshof, wo man die Scherben nicht lesen kann, weil man nicht weiss,was es ist.»
Die Direktorin ist zuversichtlich, dass diese Arbeit anerkannt und gefördert wird. Sie spüre jedenfalls breite Unterstützung von links bis rechts. Und tatsächlich haben 27 Vertreter praktisch aller Parteien den Vorstoss des Berner BDP-Ständerats Werner Luginbühl mitunterzeichnet. Stimmt ihm das Gesamtparlament zu, ist der Ballenberg gerettet.