Martin Raubal, in der Schweiz steht man viel im Stau. Lässt sich daraus schliessen, dass man in der Schweiz gerne im Stau steht?
Martin Raubal: Das glaube ich nicht. Ich glaube aber, dass für die Zukunft ein Umdenken erfolgen muss. Das Auto ist immer noch eine sehr bequeme Fortbewegungsart. Es steht immer griffbereit da, man setzt sich rein und fährt los. Zürich ist ein gutes Beispiel: Es gibt gewisse Gebiete, da steht man täglich im Stau, wenn man zur Arbeit fährt. Und trotzdem denken die Leute nicht um – obwohl es ein sehr gut funktionierendes System öffentlicher Verkehrsmittel gibt. Ich denke nicht, dass die Leute gerne im Stau stehen, sondern sie tun es aus Bequemlichkeit.
Um unser Mobilitätsverhalten zu verbessern, sammeln Sie sogenannte Geoinformationen. Sie beschäftigen sich also mit der Frage, wie sich Menschen im Raum bewegen.
Geoinformationen sind wichtig, weil wir uns immer unter gewissen zeitlichen Bedingungen im Raum bewegen: unsere Geschäfte erledigen, Einkaufstouren machen. Aufgrund dieser Daten können wir dann beispielsweise das Funktionieren des öffentlichen Verkehrs in Städten anpassen.
Kapazitäten erhöhen oder minimieren
Wie kann man überhaupt das Mobilitätsverhalten von Menschen messen?
Heutzutage gibt es viele Informationsquellen, die Geodaten automatisch generieren. Beispielsweise die GPS-Funktion im Mobiltelefon: Positionen können darüber bestimmt und Bewegungsmuster aufgezeichnet werden. Es lässt sich so recht treffend voraussagen, wo zum Beispiel die Hotspots einer Stadt sind, welche Verkehrsmittel mehr, welche weniger genutzt werden.
Auch persönliche Informationen werden aufgezeichnet: Welche Altersgruppen bewegen sich wohin, was einen guten Überblick darüber gibt, was der Mensch für ein Bewegungsverhalten hat. So können wir herausfinden, wo es Engpässe im System gibt, dann können wir Kapazitäten erhöhen oder minimieren.
Langzeitstudie zu energieeffizientem Verhalten
Sie entwickeln eine App, mit der Sie die Menschen zu mehr Energieeffizienz bei der Fortbewegung motivieren möchten.
Beiträge zum Thema
Das Projekt steht erst am Anfang und wird in Kollaboration mit einer Fachhochschule im Tessin, dem SUPSI, durchgeführt. Mit der App wollen wir die Möglichkeit anbieten, nicht den kürzesten, sondern den energieeffizientesten Weg herauszufinden. Mit diesem Projekt führen wir eine Langzeitstudie durch, mit der wir evaluieren möchten, was Leute zu energieeffizientem Verhalten motiviert.
Die Frage, die wir uns dabei stellen, lautet: Hat dieses Verhalten Bestand? Geht es nicht nur darum, die App kurz auszuprobieren, sondern integriert man sie auch noch nach Monaten in den Alltag?
Die App sagt mir also, welches Verkehrsmittel ich benutzen soll, um möglichst effizient durchs Leben zu gehen. Was bringt mir das?
Wenn Sie als Versuchsperson an der Studie beteiligt sind, dann gibt es Preise für diejenigen, die sich am effizientesten fortbewegten. Aber natürlich ist das eine wichtige Frage, die wir uns stellen: Wie motiviert man die Leute, diese App zu verwenden? Das kann einerseits aus Spass sein, oder das kann aus Wettbewerbs-Gründen sein – man misst sich etwa mit dem Nachbarn oder Familienmitgliedern. Oder es ist schlicht der Grund, etwas Gutes zu tun für unsere Umwelt tun zu wollen.
Sind Sie optimistisch?
Ja. Ich denke, dass die Leute erstens Spass haben mit der App. Und wenn sie sehen, was sie an CO2-Emissionen eingespart haben, sollte dies als Motivation reichen.