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Gesellschaft & Religion Mit dem Smartphone ins Museum: Mehr Tiefgang dank Virtual Reality

Für die Ausstellung «Erasmus MMXVI. Schrift als Sprengstoff» sprengt das Historische Museum Basel den Rahmen des Mediums Papier und setzt auf Virtual Reality. Der Kurator Marcel Henry erzählt von den Herausforderungen und warum sich der analoge Museumsbesuch immer noch lohnt.

Sendehinweis

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In der Sternstunde Philosophie (29. Mai, 11 Uhr, SRF 1) spricht Barbara Bleisch im Historischen Museum Basel mit zwei Philosophen über Erasmus' Erbe und das Beste im Menschen.

Was war die Herausforderung als Kurator von «Erasmus MMXVI»?

Marcel Henry: Eramus von Rotterdam ist bereits Teil unserer Dauerausstellung. Zum Beispiel sind seine persönlichen Gegenstände, ein Siegelring oder die Medaille aus dem Grab, das ganze Jahr über zu sehen. Es hätte also wenig Sinn gemacht, eine völlig neue Ausstellungsarchitektur für die gleichen Objekte zu entwerfen. Wir wollten deshalb der bereits vorhandenen Ausstellung eine neue Ebene hinzufügen.

Wie sind Sie auf den Ansatz «Virtual und Augmented Reality» gekommen?

Ich bin mit «Erasme typographe» relativ früh auf ein wunderbares Buch gestossen, das das Interesse des Erasmus an den ästhetischen Aspekten des Buches ins Zentrum stellt. Er hat offenbar die Produktion seiner Bücher mitmoderiert. Wir schlossen daraus, dass für ihn das Papier als Werkstoff für die Übermittlung seiner Werke zentral war. Also haben wir uns gefragt: Was ist das «heutige Papier»? Wie übermittelt man heute Information?

Die Antwort lautet ganz klar: der Screen. Darauf haben wir beschlossen, ein Projekt zu gestalten, das sich auf das neue Papier, den Screen konzentriert. So haben wir eine Meta-Ebene geschaffen, eine Ausstellung in der Dauerausstellung mittels Virtual and Augmented Reality.

Wo liegen die Vorteile dieser Formen?

Man kann mit relativ wenig Aufwand zusätzliche Verbindungen zwischen Gegenständen und Ideen herstellen. In unserer Dauerausstellung wird der Siegelring des Erasmus gezeigt. Wir blenden nun ein Gemälde aus dem 16. Jahrhundert ein, wo man genau diesen Siegelring an Erasmus’ Finger sehen kann.

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«ERASMUS MMXVI. Schrift als Sprengstoff» (20. Mai bis 25. September 2016 im Historischen Museum Basel ) zeigt die Stationen im Leben des Erasmus von Rotterdam. Für den Besuch der Ausstellung kann eine App auf das Smartphone heruntergeladen werden. Es stehen auch Leihgeräte zur Verfügung.

Was für Probleme ergeben sich, wenn man mit Virtual Reality arbeitet?

Die Technologie ist sehr komplex und war zu Beginn noch etwas anfällig. Auch sind bei unseren verschiedenen Zielgruppen – von den Schulklassen bis zur älteren Besucherschaft – die Vorkenntnisse im Umgang mit Tablets sehr unterschiedlich. Daher muss man den Besuchern diese Art von Vermittlung per Tablet zuerst näherbringen.

Wieso soll man noch ins Museum, wenn doch der Grossteil der Ausstellung digital ist?

Natürlich könnte man sich unsere Texte auch zu Hause anhören, aber Dauerausstellung und virtueller Inhalt sind so eng miteinander verknüpft, dass dann etwas fehlen würde: Im Untergeschoss, in der archäologischen Abteilung, befinden sich beispielsweise Architekturfragmente mit Texten mit antiken Buchstaben.Anhand dieser Steinfragmente erklären wir, dass sich die Humanisten genau von solchen gefundenen, antiken Objekten haben inspirieren lassen, um statt mit der damals gängigen gotischen Frakturschrift wieder mit Serifenbuchstaben zu arbeiten. Das Vorbild der Humanisten wird somit direkt in unser «Erasmus-Storytelling» integriert.

Zur Person

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Legende: Historisches Museum Basel

Dr. Marcel Henry hat in Bern und Zürich Kunstgeschichte studiert. Bevor er die Projektleitung für «ERASMUS MMXVI» übernahm, war er Direktor des Berry Museums in St. Moritz und Projektleiter der Triennale 2014 im Wallis.

Ist «Virtual and Augemented Reality» nicht sehr aufwendig und teuer?

Im Vergleich mit anderen, ähnlichen Ausstellungsprojekten haben wir zwar vielleicht einen grösseren Betrag in die Informatik investiert. Aber wir haben genau diesen Mehrbetrag bei der Realisierung der Ausstellung, der physischen Materialisierung wieder eingespart.

Unser Ziel war es von Beginn weg, mit Material extrem sparsam zu operieren, dafür aber virtuell den Tiefgang zu liefern.

Wird es in Zukunft vermehrt Ausstellungen in dieser Mischform geben?

Momentan stehen wir natürlich noch am Anfang, und es ist wichtig, dass wir diesen Anfang wagen. Mittelfristig ist unser Ansatz nämlich eine kostengünstige Lösung, um aus einem bestehenden Ausstellungskontext noch etwas Zusätzliches herauszuholen.

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