Seit Jahresbeginn sind über 160'000 Menschen nach Europa geflohen. Eine klare Unterscheidung zwischen politischen Flüchtlingen, Kriegsflüchtlingen und Wirtschaftsflüchtlingen ist oftmals fast unmöglich.
Das Migrationsmodell des Wirtschaftswissenschaftlers Bruno S. Frey macht eine solche Unterscheidung obsolet. Sein Ansatz: Wer die Aufnahmegebühr für die Schweiz bezahlt hat, darf hierbleiben. Die langwierige und teure Bearbeitung von Asylgesuchen und Rekursen würde entfallen – und damit auch die Ausschaffung nicht anerkannter Asylanten. Auch würden abgewiesene Asylanten nicht mehr untertauchen.
Flüchtlinge müssen etwas leisten
Die Aufnahmegebühr soll deutlich über dem Preis liegen, den Schlepper für eine Überfahrt nach Europa verlangen. Sie erfüllt für Frey zwei unterschiedliche Funktionen. Zum einen leisten die Flüchtlinge einen monetären Beitrag zur Finanzierung ihrer Integration in der Schweiz. Zum anderen sendet die Gebühr ein klares Signal an die Flüchtlinge: Wer in die Schweiz kommen will, muss etwas leisten – vorab im Heimatland, um die Aufnahmegebühr zu stemmen und später in der Schweiz. Damit erhofft sich Frey eine positive Selektion. Wer lediglich von den Sozialsystemen profitieren will, soll abgeschreckt werden. Politischen Flüchtlingen jedoch wird die Aufnahmegebühr nach einer Prüfung durch die Behörden zurückerstattet.
Dass das Auswahlkriterium für Flüchtlinge ausschliesslich finanzieller und nicht humanitärer Natur ist, erschreckt. Doch Frey argumentiert, dass sich die Ärmsten und Schutzbedürftigsten die Flucht nach Europa ohnehin nicht leisten können. Die aktuellen Fluchtströme hingegen sollen in berechenbare Bahnen gelenkt werden, so dass die Aufnahmeländer vorab wissen, wer woher und wann einreisen wird.
Sicher in die Schweiz einreisen
Laut Frey liegen die Vorteile dieses Konzepts für die Flüchtlinge auf der Hand: Anstatt sich auf Gedeih und Verderb den Schlepperbanden auszuliefern, können sie sicher per Flugzeug in die Schweiz einreisen. In der Schweiz angekommen, können sie sofort nach Arbeit suchen und sich in die Gesellschaft integrieren. Kehren sie wieder in ihre Heimat zurück – mit Arbeitserfahrung und Knowhow aus der Schweiz – soll ihnen die Aufnahmegebühr zurückerstattet werden.
Was eine solche Migrationspolitik für die Schweiz als Ganzes bedeuten würde, lässt sich nur schwer antizipieren. Der Wirtschaft käme sie sicher entgegen, so Frey: Einerseits erlaubte die Aufnahmegebühr den hiesigen Unternehmen, hochqualifizierte Spezialisten und Fachkräfte nicht mehr nur aus Europa, sondern aus der ganzen Welt zu rekrutieren. Andererseits ist die Vielzahl von neuen, wenig qualifizierten Arbeitern vom Markt kaum zu absorbieren, so dass das Überangebot im Niedriglohnbereich zu einem starken Wettbewerb und zwangsläufig zu einer Senkung des Lohnniveaus in der Schweiz führen würde.
Volk soll Aufnahmegebühr festlegen
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Für die meisten Schweizer Arbeitnehmer birgt Freys Konzept Gefahren. Entsprechend wäre es politisch kaum mehrheitsfähig. Frey würde jedoch argumentieren, dass die Höhe der Aufnahmegebühr jederzeit angepasst werden kann, und, sobald die Schweiz an die Grenzen ihrer Aufnahmekapazität stösst, angepasst werden muss – und zwar vom Stimmbürger. Dieser ist im Modell von Frey Akteur und entscheidet per Volksabstimmung, wie hoch diese Aufnahmegebühr ist – wie viel die Schweiz helfen will.