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Sollen wir Tiere essen?
Aus Sternstunde Religion vom 10.03.2024.
Bild: SRF abspielen. Laufzeit 1 Minute.
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Glaube und Genuss Heilig oder auf dem Herd: So stehen Religionen zum Tiereessen

Der Hund im Bett, die Kuh auf dem Teller: Das scheint bei uns ganz normal. Der Blick auf andere Religionen zeigt: Ganz so einfach ist es nicht.

In der christlich geprägten Kultur scheint in Bezug auf Tiere essen alles erlaubt. Die Bibel betont zwar die Verantwortung des Menschen gegenüber der Schöpfung. Gleichzeitig hat Gott den Menschen die Tiere zu Nahrung gegeben. Wie haben es andere Religionen mit dem Fleischkonsum?

Fleischkonsum in der Schweiz

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95 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer essen Fleisch, und zwar jedes Jahr knapp 51 Kilogramm. Dafür werden hierzulande 80 Millionen Tiere geschlachtet. Damit belegt die Schweiz beim Fleischkonsum europaweit einen Spitzenplatz.

Hinduismus: Vegetarisch ist normal

In Indien, wo der Hinduismus mit seinen verschiedensten Strömungen die grösste Religionsgruppe ausmacht, ist vegetarisch normal. Wer Tiere essen will, sucht mitunter lange nach einem Lokal, das Fleisch anbietet. Doch längst nicht alle Hindus leben vegetarisch: Auch in Indien steigt der Fleischkonsum.

Aber nicht jedes Fleisch landet auf dem Tisch: Die Kuh ist den Hindus heilig. Sie wird als Göttin verehrt, geschmückt, geschätzt, aber nicht gegessen. Der Hindu-Priester im Haus der Religionen in Bern, Sasikumar Tharmalingam, erklärt den Fleischverzicht wie folgt: «Jedes Lebewesen hat ein Grundrecht, auf dieser Erde zu leben.» Tiere zu essen führe zu schlechtem Karma, sagt der Priester.

Buddhismus: Tiere essen, aber nicht töten

Die meisten Buddhistinnen und Buddhisten seien keine Vegetarier, sagt Jens Schlieter, Religionswissenschaftler und Philosoph an der Uni Bern. Im Buddhismus werde die Frage des Fleischessens von der Frage, Tiere zu töten, unterschieden. «Fleisch essen die meisten, wollen aber möglichst keine Tiere töten», so Schlieter.

Und wer es doch tut? Der nehme schlechtes Karma auf sich, was sich auf künftige Wiedergeburten auswirkt. Mönche und Nonnen halten sich oft strikter an die Regeln und wollen so sicherstellen, dass die Tiere nicht extra für sie getötet worden sind. Im Buddhismus wird die Achtung vor dem empfindenden Wesen stark gemacht, zumal religiös gesehen kein wesentlicher Unterschied zwischen Mensch und Tier bestünde.

Jainismus: Jedes Lebewesen zählt

«Auf gar keinen Fall darf ein Insekt sterben», sagt Jain-Mönch Muni Diyya Ji Maharai. Jains und Jainas verabscheuen Gewalt und leben streng vegetarisch. Auch die kleinsten Lebewesen hätten einen Anspruch auf Glück, so die Überzeugung.

Deshalb wird beispielsweise auch auf Wurzelgemüse verzichtet, da bei ihrer Ernte Lebewesen zu Schaden kommen könnten. Es gäbe auch die Regel, «nicht nach Sonnenuntergang zu kochen, weil man verhindern möchte, dass Insekten in die Flammen des Feuers fliegen», so Jens Schlieter. Wie im Buddhismus geht es hier um das Verhindern schlechten Karmas. Während im Buddhismus die Grösse eines Organismus zählt, ist der Jainismus ungleich viel strikter im Nichtverletzen ebensolcher.

Judentum: Fleischverzehr hat etwas Heiliges

Der Respekt vor Tieren habe eine grosse Bedeutung im Judentum, erklärt Jehoschua Ahrens, Rabbiner der jüdischen Gemeinde Bern. Im Judentum werden auch nur ausgewählte, vor allem domestizierte Tiere gegessen. Zudem legt man grossen Wert darauf, wie diese gehalten und dass sie rituell geschlachtet bzw. geschächtet wurden.

Im Judentum hat der Verzehr von Fleisch immer etwas von Heiligkeit. An Schabbat und jüdischen Feiertagen sei er quasi eine Pflicht, da damit die Freude und der besondere Charakter dieser Tage unterstrichen werde. Eigentlich wäre ja der Veganismus das jüdische Ideal: Schauen wir uns die Geschichte von Adam und Eva an, so sehen wir, dass ihnen bloss Pflanzen zur Nahrung freigegeben wurde. Tiere, Eier und Milch werden bis zur Generation von Noah nicht erwähnt.

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SRF2, Sternstunde Religion, 10.03.2024, 11:00 Uhr

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