Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Göttliche Wege in den Bergen Zwischen Gipfeln und Gott: Fadri Rattis spirituelle Wanderungen

Der reformierte Pfarrer Fadri Ratti ist begeisterter Bergsteiger und Wanderleiter. Regelmässig bietet er Wandern mit spirituellen Impulsen für Gruppen an – da, wo sich Himmel und Erde berühren.

Fadri Ratti hat als erster Mensch alle Dreitausender Berggipfel im Kanton Graubünden bestiegen. Das sind 460 Gipfel. Entgegen dem heutigen Trend zu atemlosen Rekordjagden in den Bergen hat er sich dafür 42 Jahre Zeit gelassen. Entstanden ist die Idee für sein «Lebenswerk» nach einer schweren Krankheit in seiner Jugend.

Mann mit Helm und Seil auf Bergspitze, im Hintergrund Berge und Wolken
Legende: Ist die Gipfelerfahrung eine Gotteserfahrung? Fadri Ratti auf dem Cima di Rosso im Bergell (22. Juli 2022) Patrizia Weigl-Schatzmann

In den Bergen fühlt sich Fadri Ratti in der Natur aufgehoben und dem Himmel und Gott näher. Er ist reformierter Pfarrer in Felsberg bei Chur im Kanton Graubünden. Da hat er die Berge vor der Haustür.

Zeremonien auf der Alp

Seinen Pfarrberuf verbindet er immer mal wieder mit seiner Bergpassion. Er traut Menschen in den Bergen oder tauft Kinder auf einer Alp. Mit Konfirmanden war er auch schon auf dem Piz Palü auf 3'900 Metern Höhe.

Seit einigen Jahren bietet Fadri Ratti Wanderwochen mit spirituellen Impulsen an. Dieses Jahr ist er mit einer Gruppe im Glarnerland unterwegs.

Sechs Menschen vor Gipfelkreuz
Legende: Was bedeutet es, auf äusseren und inneren Wegen unterwegs zu sein? Eine Gruppe um Fadri Ratti (links) geniesst auf dem Hirzli die frische Luft und eine herrliche Aussicht. Fadri Ratti

«Die Natur ist so unendlich intensiv: Die Gerüche, die Blumen, die Sonne, der Weitblick oder eine Umarmung auf dem Gipfel, das sind starke Momente», sagt Fadri Ratti.

Unterwegs auf spirituellen Wegen

«Wandern mit Tiefblicken», nennt Fadri Ratti sein Projekt. Die Gruppe ist auf alpinen Wegen unterwegs. Da wird es auch einmal steil und anstrengend. Die Wanderwege – die äusseren Wege – werden zum Sinnbild für innere Wege und eröffnen neue Perspektiven auf das Leben.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tragen ihren Rucksack eine Woche lang von Hütte zu Hütte und haben meist keinen Handyempfang. Da ist der Trubel des Alltags weit weg. Manche Wege geht die Gruppe im Schweigen. Das Leben reduziert sich.

Wo stehe ich im Leben?

«Beim Wandern muss ich bei mir sein, Schritt für Schritt, im Moment präsent sein», stellt Fadri Ratti fest. Spirituelle Impulse aus der christlichen Tradition oder der Philosophie rücken Fragen in den Mittelpunkt, die im Alltag wenig Platz haben: Wie geht es mir wirklich? Wie atme ich? Wie begegne ich meinem Gegenüber? Wo führt mich mein Lebensweg hin? Die spirituellen Impulse regen zusätzlich zum Nachdenken an.

«Gehen ist für mich Meditation», sagt Margarita Tschudi. Sie ist 72 und seit mehreren Jahren dabei. Die Gruppe ist gemischt, ältere und jüngere Menschen gehören dazu. Fit sind sie alle.

Im Schweigen und als Gruppe unterwegs

Ein anderer Teilnehmer, Heiko Schätzle, stellt fest: «Die Gruppe ist wichtig. Wir unterstützen uns gegenseitig». Mit einem aufmunternden Wort, wenn es anstrengend wird. Oder jemand trägt einen zusätzlichen Rucksack, wenn ein anderer an seine körperlichen Grenzen stösst.

Eine Frau beim Wandern, steiler Abstieg, im Hintergrund eine weitere Person
Legende: Wenn der Weg steinig und steil wird, helfen sich die Gruppenmitglieder untereinander. Fadri Ratti

Doch was haben Berge und Wandern mit Spiritualität zu tun? Bei der Spiritualität hält sich Fadri Ratti an die mystische Weisheit: «Willst Du Gott erkennen, erkenne zunächst dich selber.»

In den Bergen berühren sich Himmel und Erde. Hier kommen Wanderwege und Lebenswege zusammen. Und Wandern wird zu einem Weg zur Selbsterkenntnis.

Radio SRF 2 Kultur, Perspektiven, 31.8.2025, 8:30 Uhr

Meistgelesene Artikel