Es brauchte nur eine kultige Serie, einen prägnanten Satz und eine Handtasche. Carrie Bradshaw, die modebesessene Hauptfigur in «Sex and the City», erklärt dem dreisten Dieb ihrer Tasche: «Das ist keine Tasche, sondern eine ‹Baguette›». Das reichte schon, um die Fendi-Tasche in den 1990er-Jahren zum It-Bag zu machen.
«Handtaschen sind damals zu einem begehrenswerten Kultobjekt geworden», sagt Modehistorikerin Lucia Savi. Sie hat am Londoner Victoria and Albert Museum die Ausstellung «Bags: Inside out» kuratiert und dazu ein Begleitbuch herausgegeben.
Vom Samen-Behälter zum Statussymbol
Bis dahin war es ein langer Weg. Bereits die Höhlenbewohner trugen Samen in Behältern oder Beuteln herum. In vielen Kulturen der Welt trugen Männer wie Frauen persönliche Gegenstände um die Taille, sagt Kuratorin Lucia Savi.
Bis in die Bronzezeit in Europa und in die Shang Dynastie in China lassen sich Hüfttaschen zurückverfolgen. Bereits damals waren Taschen Statussymbole: «Diese sichtbaren Taillen-Beutel gaben Auskunft darüber, wer man ist», so Savi.
Unsichtbar wurden Taschen erst später. Im 17. Jahrhundert trugen gutbetuchte Frauen abnehmbare Beutel über den Unterröcken an der Taille. In der Oberkleidung waren raffinierte Schlitze angebracht, durch die sie in diese Taschen greifen konnten. «Diese versteckten Taschen waren privat», sagt Kuratorin Savi.
Von der Taille in die Hand
Das Gegenteil davon ist die «Châtelaine» aus dem 19. Jahrhundert. Frauen hefteten sich eine Art Brosche an die Taille: Daran baumelten kleine Gegenstände wie eine Lupe oder ein Fingerhut.
«Dass die Gegenstände von der Taille in eine Tasche an die Hand kamen, ist eng verknüpft mit der Geschichte des Reisens», erklärt Kuratorin Lucia Savi. Denn für das Reisen habe man Taschen gebraucht.
Populär unter Bahnreisenden waren im 19. Jahrhundert «Carpet Bags», Teppichtaschen, aus Leder und dicker Wolle: Manchmal hätten die Reisenden die dicken Teppichhüllen dieser Taschen abgenommen und in kalten Bahnwagen als Decke gebraucht, so Savi.
Die Geburt der Tasche aus dem Geist des Koffers
Viele der heutigen Luxusmarken wie Louis Vuitton, Prada, Gucci oder Hermès haben ihre Wurzeln in der Gepäck- oder Sattlerwarenherstellung.
Als Eisenbahn und Auto die Kutsche ablösten, stiegen die Designer auf die Fertigung von Lederkoffer und Taschen um. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde zudem der Metallrahmen erfunden – das heutige Aussehen der Handtasche war geboren.
Seither sind Handtaschen besonders beliebt. Auch wegen ihrer Trägerinnen: In den 1950er-Jahren kaschierte Grace Kelly mit einer Hermès-Tasche ihre Schwangerschaft.
Seither nennt man diese Tasche «Kelly Bag». Eine solche verkaufte das Auktionshaus Christie's in Hongkong 2020 für 437'330 US-Dollar.
«I'm not a plastic bag»
Billiger sind sogenannte «Tote Bags»: Baumwolltaschen mit Slogans drauf. Angefangen hat ihr Hype mit der Designerin Anya Hindmarch, die 2007 eine Tote Bag für eine Supermarktkette designte. «I'm not a plastic bag» stand darauf.
Eine Tasche fand sogar Eingang ins englische Vokabular – dank Margaret Thatcher. Die erste Premierministerin Grossbritanniens habe ihre Handtasche regelrecht als Zepter gebraucht, sagt Lucia Savi. «To handbag» bedeute noch heute, eine Person verbal anzugreifen oder eine Idee abzuschmettern.
Maggie Thatcher ist tot. Dafür feiert offenbar der Baguette-Bag aus «Sex and the City» gerade sein Comeback. Sicher nicht von der Hand zu weisen ist die Behauptung, der Hype um die Handtasche wird so schnell nicht nachlassen.