Seit 1864 ist es in der Schweiz durchschnittlich um 2 Grad Celsius wärmer geworden. Auch Hitzewellen haben in den letzten 25 Jahren zugenommen.
Die höheren Temperaturen machen uns Menschen zu schaffen. Kreislaufprobleme oder sogar der Tod sind die Folge. So geschehen im Hitzesommer 2003 und 2015: Im Juli und August starben in diesen Jahren viel mehr Menschen als normalerweise. Schweizweit waren 2003 rund 1000 zusätzliche Todesfälle zu verzeichnen, hielt das Bundesamt für Umwelt fest .
Mehr Kühle in den Städten
Besonders betroffen sind Städte – unter anderem, weil sie mit ihren vielen Bauten die Hitze speichern. Aktuell sind schweizweit eine Vielzahl von Menschen damit beschäftigt, Lösungen zu suchen.
Die Stadt Basel machte schon Ende der 1990er-Jahre eine Klima-Analyse – gemeinsam mit der Universität Basel. Die Resultate wurden in der Stadtplanung berücksichtigt. Zum Beispiel bei der Neuüberbauung des Erlenmattquartiers am nördlichen Stadtrand.
Ein anderes Beispiel für klimapolitische Raumplanung ist Sitten im Kanton Wallis. Die Stadt liegt eingekesselt im Rhonetal. Die Bebauungsdichte ist hoch. Mit Luftschneisen ist es kaum mehr möglich, kühle Luft in die Stadt zu leiten.
Bäume pflanzen, Beton aufreissen
Die Stadtverwaltung setzt dort auf möglichst viele kleine Massnahmen: dort ein Baum vor einem Haus, hier ein Betonplätzchen aufreissen, eine Fassade begrünen, Gras anpflanzen, da ein Bächlein durchfliessen lassen. Die Stadtverwaltung hat breit informiert und damit Planer die Bevölkerung aufgerüttelt. Sittens Slogan: «Mehr Grün und Blau als Grau.»
Nun ist man aktuell in Zürich dabei, die Stadt gegen die Hitze zu optimieren. Die Grundlage für mögliche Szenarien und Massnahmen stellt wie bereits in Basel eine Klimaanalyse dar. Sie wurde vom Kanton in Auftrag gegeben und ist die momentan detaillierteste der Schweiz.
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«Wissenschaftler haben genau erforscht und modelliert, wie eine Gegend beschaffen ist, wie sie sich wo aufheizt, wo nachts noch kalte Luft durchfliesst – oder eben nicht», erklärt Thomas Stoiber vom Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kanton Zürichs.
Hitzeinseln sind vier Grad wärmer – und mehr
Auf den farbigen Karten kann man genau erkennen, welcher Luftzug sich durch welchen Strassenzug bewegt. Oder eben nicht mehr – weil er beispielweise durch einen Gebäuderiegel blockiert wird. Zum Beispiel im Zentrum der Stadt Zürich und des Limmattales Richtung Oerlikon und Glatttal – also dort, wo sehr verdichtet gebaut wurde.
Hitzeinseln seien das, erklärt Thomas Stoiber. Stellen, die deutlich wärmer sind als der Rest des Kantons. Vier Grad und mehr.
Wer im Einzugsbereich einer der vielen Kaltluftachsen wohnt, z.B. am Fusse einer Hügelkette wie dem Uetliberg oder dem Zürichberg, lebt lokalklimatisch privilegiert und gesünder als jemand, der in einer Hitzeinsel wohnt.
Und wer Neubauten quer in die wertvollen Kaltluftströme stellt, verursacht ein Gesundheitsrisiko. Für die Ortsplanung sollte es deshalb schon allein aus diesem Grund ein Ziel sein, dies möglichst zu vermeiden.
Tatsächlich nutzen auch diverse Gemeinden das Wissen, das der Kanton mit diesen Karten zur Verfügung stellt. Allen voran die Stadt Zürich, die derzeit einen Masterplan Stadtklima erarbeitet.
Dieser Masterplan soll Massnahmen aufzeigen gegen die Überhitzung der Stadt. Denn in den nächsten Jahren wird ein Bevölkerungszuwachs von rund 100'000 Menschen erwartet, die alle irgendwo wohnen müssen.
Leere Flächen gibt es in der Stadt keine mehr. Zürich muss also verdichten – und soll gleichzeitig grüner und kühler werden. Wie das funktionieren kann, zeigt die Siedlung Triemli in Zürich-Wiedikon.
«Vorher standen hier auch schon Häuser. Aber diese Anlage ist viel dichter. Es wohnen mehr Menschen hier. Trotzdem gibt es hier jetzt mehr Grünraum», erklärt Christine Bräm. Sie ist Direktorin der Grün Stadt Zürich und verantwortlich für den Masterplan Stadtklima.
Helle Fassaden
Früher bestand die Siedlung Triemli aus 140 Wohnungen, heute sind es 190. 50 Bäume standen auf diesem Gelände, heute sind es 213.
Die Gebäude umschliessen einen grossen grünen Innenplatz, ihre Fassaden sind hell, die Läden auch. So wird die Sonnenstrahlung zurückgeworfen, anders als bei dunklen Fassaden, bei denen die Wärme absorbiert würde.
Die Siedlung Triemli und der Masterplan Klima zeigen vor allem eines: Überall in der Stadt kann man etwas erreichen, auch bei kleineren Bauten und mit unkomplizierten Massnahmen.
«Ich habe immer gedacht, man braucht grosse Parkanlagen, sogenannte grüne Lungen, die kühlen. Wir haben aber festgestellt, dass in jeder Siedlung etwas gemacht werden kann: Pflanzen, Bäume, Fassaden- und Dachbegrünungen», sagt Christine Bräm.
Gesetze gibt es noch keine
Fährt man mit dem Zug durchs Limmattal in die Stadt Zürich hinein, sieht man aber viele gigantische Neubauten, darunter auch einige, an deren hochpolierten, tiefschwarzen Fassaden lokalklimatische Überlegungen ganz offensichtlich abprallen.
Wäre es nicht dringend nötig, diesen Hitzespendern mit gesetzlichen Vorgaben einen Riegel zu schieben? Denn Gesetze gib es – trotz all der eidgenössischen Umtriebigkeit in Sachen Klimaschutz – noch keine.
Beim Amt für Städtebau in Zürich setzt man lieber auf Information. «Zu viele Vorschriften erleichtern uns das Leben nicht», ist sich Städteplanerin Katrin Gügler sicher. Wichtig seien Dialog, Augenmass und Geduld. Ausserdem greifen immer mehr Architekten und Bauherrschaften das Thema Klimaschutz von sich aus auf. Auch weil es heute einfach dazugehört.