1. Theresa May
Die 59-Jährige hat das Rennen um das Amt des britischen Premierministers gewonnen: Sie tritt bereits Mittwochabend die Nachfolge von David Cameron an und ist damit die zweite, weibliche Premierministerin nach Maggie Thatcher. Die bisherige Innenministerin May steht auf dem rechten Flügel ihrer Partei und galt stets als Euroskeptikerin. Schliesslich befürwortete sie aber den Verbleib bei der EU, mischte sich aber kaum in die Referendumsdebatte ein. Sie will den Austritt nun buchstabengetreu durchführen. Die Pfarrerstochter gilt als pannenresistent und berechenbar – das mag ihr in diesen unsicheren Zeiten nützen.
2. Michael Gove
Der amtierende Justizminister gilt als radikaler Reformer. Wie er selbst zugibt, geht ihm allerdings jedes Charisma ab. Trotzdem kandidierte der intellektuelle Kopf der Brexit-Kampagne um das Amt des Premierministers – und brachte damit seinen Kampfgefährten Johnson zu Fall. Seine Fraktionskollegen verziehen ihm den Verrat indessen nicht. Gove schied in der zweiten Abstimmungsrunde aus dem innerparteilichen Rennen aus. Er wird indessen weiterhin seinen beträchtlichen Einfluss in der konservativen Regierung ausüben.
3. Boris Johnson
Der überaus populäre Ex-Bürgermeister von London hatte rundum für Überraschung gesorgt, als er im letzten Februar den Austritt aus der EU empfahl und zur Galionsfigur der Brexit-Kampagne wurde. Doch momentan ist seine Karriere im Gefrierfach: Der 52-Jährige, der als Favorit für das Premierministeramt galt, zog sich im letzten Moment zurück, nachdem ihm sein Mitstreiter Michael Gove in den Rücken gefallen war. Johnson gehört zum liberalen, weltoffenen Flügel seiner Partei; die Einwanderungszahlen lassen ihn ungerührt.
4. Andrea Leadsom
Die 53-jährige, ehemalige Managerin aus der Londoner City wurde erst 2010 ins Unterhaus gewählt; seither hat sie subalterne Regierungsposten bekleidet. Schon früh profilierte sich die konservative, Energie-Staatssekretärin als konstruktive Kritikerin der EU. In der Referendumskampagne spielte sich medienwirksam eine führende Rolle und spielte ihre angebliche Erfahrung im Finanzsektor aus. Die „Brexit“-Anhängerin trat gegen Theresa May im Rennen um Camerons Nachfolge an, zog jedoch ihre Kandidatur am Montag überraschend zurück. Sie begründete ihren Verzicht damit, dass in dieser kritischen Situation ein neunwöchiger Wahlkampf innerhalb der konservativen Partei unerwünscht wäre und dass man jetzt schnell Gewissheit brauche.
5. Nigel Farage
Ohne das Enfant terrible der britischen Politik wäre es nie zu diesem Referendum gekommen. Farages fremdenfeindliche und anti-europäische Ukip-Partei bedrohte die Hochburgen der Tories und drängte David Cameron in die Ecke, bis er im Januar 2013 das Referendum versprach. Der ehemalige Börsianer Farage argumentierte fast ausschliesslich gegen osteuropäische Einwanderer, zum Teil mit wenig appetitlichen Parolen. Als das gewünschte Resultat fest stand, trat Farage zurück.
6. Jeremy Corbyn
Der 67-jährige Corbyn wurde im letzten September mit überwältigender Mehrheit von der Parteibasis zum Labour-Chef und Oppositionsführer gewählt – gegen den Willen seiner Fraktion im Unterhaus. Seither agiert der Alt-Linke, der sich mit Vorliebe für Palästinenser und irische Republikaner engagiert, glücklos. Doch die Versuche seiner Fraktion, ihn zu stürzen, sind allesamt gescheitert. Er gilt als Anti-EU Politiker, empfahl aber halbherzig den Verbleib.
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