Kollapsologen sehen ein düsteres Ende nahen: Unsere Lebensweise wird bedroht durch den Klimawandel und die Zerstörung der Artenvielfalt. Dazu kommen Risiken wie weitere Finanz- und Wirtschaftskrisen und die Endlichkeit von Rohstoffen wie Öl, Erdgas oder Kohle. Die Covid-19-Pandemie ist nur ein weiteres Glied in einer Ereigniskette, die in naher Zukunft zum Zusammenbruch führen wird.
Den einen, plötzlichen Crash erwarten die Kollapsologen nicht. Vielmehr brechen nach und nach einzelne Systeme zusammen, was zum Untergang unserer Zivilisation führen könne. Das bedeutet nicht, dass die Menschheit von heute auf morgen ausgelöscht wäre, sondern dass die gegenwärtige Lebensweise nicht aufrechterhalten werden könnte.
Der Kollaps geschieht noch in diesem Jahrzehnt
In Frankreich gehen Anhänger der sogenannten Kollapsologie vom Schlimmsten aus. Der bekannteste Kollapsologe und Vordenker der Bewegung ist der französische Agrarwissenschaftler und Autor Pablo Servigne. Er prognostiziert einen grösseren Zusammenbruch der industriellen Gesellschaften beziehungsweise den Kollaps der «thermo-industriellen Gesellschaft» sicher vor 2030.
Anzeichen dafür sieht er mit dem Erreichen der «Tipping Points». Sind diese ökologischen Kipp-Punkte erreicht, kann die kleinste Störung grösste Schäden anrichten. Dazu gehören etwa die Gletscherschmelze oder die Abholzung und Brände der Urwälder.
Servignes Buch «Comment tout peut s’effondrer» («Wie alles zugrunde gehen kann») wurde in Frankreich zum Bestseller. Seine Ansage: Wir müssen uns auf den Kollaps vorbereiten, anstatt so zu tun, als wäre es immer noch fünf vor zwölf.
«Glückliche Kollapsologen»
Unter den Kollapsologen gibt es auch jene, die dem vermeintlichen Weltuntergang mit einem Lächeln entgegengehen: Sie nennen sich «collapso heureuse», «glückliche Kollapsologen». Es gibt eine Facebook-Gruppe mit rund 30'000 Mitgliedern in Frankreich und einen Schweizer Ableger mit rund 300 Mitgliedern.
Glücklich nennen sie sich, weil sie die Kollapsologie nicht als apokalyptischen Glauben sehen, sondern als «Austausch von Informationen über dieses Imaginäre». Statt Panik oder Rückzug sind Aktionen gefragt.
Der Verein Triticum fördert beispielsweise die Reproduktion von alten Getreidesorten, die an das zukünftige Klima angepasst sein sollen. Auch Energie-, Lebensmittel- und Wasserautonomie gehören zur psychologischen Vorbereitung auf eine ungewisse Zukunft.
Der Faszination der Apokalypse
Die Vorstellung, dass die Welt einst – oder auch schon bald untergehen könnte, diese Vorstellung ist tief verwurzelt in der westlichen Kultur. Im letzten Buch des Neuen Testaments: Die Offenbarung des Johannes, besser bekannt als die Apokalypse. Sie prophezeit das Ende der Welt.
Man schrieb den mittelamerikanischen Maya die Vorhersage des Weltuntergangs zu, der Ende 2012 hätte stattfinden sollen. Aus dieser Weltuntergangsberechnung entstand kurzerhand der Beginn eines neuen Zyklus.
Am Ende wird alles gut - oder?
Schreckensszenarien, die Angst einjagen oder mutlos machen? Oder erst recht Mut machen, das Ende noch verhindern zu wollen? Ob in der Antike, im Mittelalter oder in unserer Zeit: Sie wurden enttäuscht. Der Weltuntergang kam nicht – und war er noch so genau berechnet worden.
Noch heute haben apokalyptische Szenarien Konjunktur, gerade im Zuge der Corona-Krise. Doch eines haben alle bisherigen Endzeiterwartungen gemeinsam: Sie erfüllten sich nicht. Nicht einmal die Dinosaurier wurden vollständig von der Erde getilgt: genetisch mit Hühnern verwandt, leben sie weiter unter uns. Die Apokalypse also als ultimative Utopie?