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Monarchie-Gegner in der UK «Die kollektive Ehrfurcht geht einigen Leuten gegen den Strich»

Weniger Wettervorhersagen oder leisere Pieptöne an Supermarktkassen – alles aus Respekt gegenüber der toten Queen. Einige finden: Das geht zu weit. Doch ihre Kritik ist nicht erwünscht.

In Grossbritannien gibt es derzeit nur ein Thema – stimmt dieser Eindruck? In den Medien dominiert die königliche Berichterstattung vollkommen. Jedes Detail der Feierlichkeiten wird live übertragen und kommentiert. Auf den Strassen, ausserhalb vom Regierungsviertel Westminster, sehe das Bild jedoch anders aus, beschreibt der freie UK-Korrespondent Peter Stäuber: «Es herrscht deutlich weniger Aufregung.» Die Leute seien traurig über den Tod der Queen, aber sie hätten auch viele andere Probleme. «Der Alltag geht wieder weiter.»

Wie reagieren Kritikerinnen und Kritiker? Viele Leute haben Mühe mit dem sehr pietätvollen Ton der Medien, so Stäuber. Einige Trauergesten stossen die Leute sogar vor den Kopf: Etwa das Beispiel eines Supermarkts, der aus Respekt gegenüber der Queen den Piepton an der Kasse leiser stellte. Oder ein Wetterdienst, der aus demselben Grund weniger regelmässige Wettervorhersagen macht.

Fast ein Viertel der Bevölkerung würde die Monarchie abschaffen wollen. «Die kollektive Ehrfurcht, die man überall antrifft, geht diesen Leuten gegen den Strich», sagt Stäuber. Sie bringen ihren Unmut dieser Tage zum Ausdruck: mit Zwischenrufen bei einer Prozession in Schottland etwa oder mit Plakaten, auf denen steht «Nicht mein König».

Wie reagiert der Staat? Die Polizei hat einige Monarchie-Kritiker verhaftet. Es war dabei nicht immer klar, auf welcher gesetzlichen Grundlage dies geschah. «Die harsche Reaktion der Behörden hat viel Kritik ausgelöst», so Korrespondent Stäuber. Auch Befürworter der Monarchie reden von einem groben Verstoss gegen das Recht auf freie Meinungsäusserung. Denn: Es geht nicht nur um Trauer um die Queen, sondern auch um den Wechsel des Staatsoberhauptes. Hierbei hat die Öffentlichkeit keine Mitsprache. Wenn man dagegen protestieren will, dann jetzt während des Machtwechsels. Deshalb finden es viele bedenklich, dass diese Möglichkeit von der Polizei blockiert wird.

Muss man bereits von Repression sprechen? Das sei ein recht scharfes Wort, findet Korrespondent Peter Stäuber. Noch seien es Einzelfälle, und es sei abzuwarten, wie die Polizei künftige Proteste handhabe.

Allen voran zeigen die Verhaftungen, dass die Behörden recht dünnhäutig sind, wenn es um Kritik am neuen König oder an der Staatsform geht. Das zeugt auch von einem mangelnden Vertrauen in die Stabilität der britischen Monarchie.

Radio SRF 2 Kultur, Kultur Aktuell, 15.09.2022, 8:15 Uhr.

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