Büffeln statt Zeit verbummeln: YouTube ist auch eine Lern-Plattform, zeigt eine neue Studie aus Deutschland . Demnach sehen 86 Prozent der 12- bis 19-Jährigen sich Webvideos an, um den Schulstoff besser zu verstehen.
Was sagen die Lehrerinnen und Lehrer dazu? Laut Beat Schwendimann vom Dachverband macht YouTube den Unterricht nicht überflüssig – im Gegenteil.
SRF: YouTube als Lernhilfe – ist das in Schweizer Schulen ein Thema?
Beat Schwendimann: Auf jeden Fall. Soziale Netzwerke – insbesondere YouTube, aber auch Instagram oder Pinterest – sind nicht nur als Unterhaltung wichtig, es finden sich dort auch Lerninhalte.
Die Schülerinnen und Schüler nutzen diese Quellen oft, um zu recherchieren und sich zu informieren. Es gibt da sehr viel gutes Material, das dazu genutzt werden kann. Oft setzen auch Lehrpersonen gezielt solche Videos im Unterricht ein.
Also freuen sich die Lehrerinnen und Lehrer darüber, wenn sich Jugendliche selbst die Nachhilfe aus dem Netz holen?
Ja. Aber es gehört zur Medienkompetenz, dass man lernt mit solchen Plattformen umzugehen – auch kritisch. Dass man lernt, wo man sich Informationen beschaffen kann, aber auch: Welche Quellen vertrauenswürdig sind und welche nicht.
YouTube ist eine kommerzielle Plattform – wie seriös sind die Lerninhalte?
Pro Minute werden Tausende von neuen Videos auf YouTube hochgeladen und die Qualität ist daher sehr unterschiedlich. Im Lehrplan 21 gibt es nun ein eigenes Modul namens «Medien und Informatik», das Medienkompetenz lehren soll.
Man muss lernen, mit Plattformen wie YouTube umzugehen – auch kritisch.
Also etwa auch zu unterscheiden, ob Inhalte auf YouTube vertrauenswürdig oder fragwürdig sind. Das kann aber auch in anderen Fächern thematisiert werden.
YouTube zeigt zuerst beliebte Videos an. Wie kann man erkennen, ob sie auch vertrauenswürdig sind?
Man kann versuchen zu erkennen, wo das Video herkommt. Oft steht das in den Informationen. Oder man kann sich die Kommentare anschauen. Wenn ein Video fragwürdige Inhalte hat, wird das oft auch kommentiert. Schliesslich sollte man sich mehr als ein Video anschauen – und sich nicht nur auf die erste Quelle verlassen, die der Algorithmus vorschlägt.
Müssten da nicht die Bildungsinstitutionen stärker die Regie übernehmen, etwa indem sie kuratierte Videoplattformen schaffen?
Das wird vielerorts schon gemacht. Viele Lehrpersonen richten für ihre Klassen eigene YouTube-Kanäle ein. Sie suchen dann mit ihrem pädagogischen Blickwinkel gezielt Videos aus.
Ausserdem gibt es verschiedene Videodatenbanken, die bewusst für Schulen gestartet wurden. Darauf kann eine Lehrperson die Schüler hinweisen.
Sehen Schweizer Lehrerinnen und Lehrer die Lerninhalte auf YouTube also grundsätzlich als Bereicherung und Ergänzung zum Unterricht?
Das ist schwer das zu generalisieren. Viele Lehrpersonen schätzen es, wenn sie Zugang zu einer reichen Palette von Lehrmaterialien haben. YouTube bietet Lehrpersonen eine noch nie dagewesene Sammlung von Videos, die den Unterricht bereichern können.
Man sollte sich mehr als ein Video anschauen.
Aber Lehrpersonen brauchen Zeit und ein geschultes Auge, um die Perlen herausfischen, die pädagogisch wirklich wertvoll sind.
Das Gespräch führte Irene Grüter.