Zum Inhalt springen
Audio
Warum alle über #womeninmalefields reden
Aus Kultur-Aktualität vom 28.11.2024. Bild: Imago/SNA
abspielen. Laufzeit 50 Sekunden.

Neuer Social-Media-Trend #womeninmalefields: ein viraler Rollentausch, der schmerzt?

Was wäre, wenn Frauen dieselben Sprüche klopfen würden wie Männer? Der virale Trend #womeninmalefields zeigt es – mit Witz und brutalem Ernst.

«Wenn er nach Verhütung fragt, sage ich ihm, dass ich mit Pille nichts fühle.». Oder: «Männer lügen ja ständig, um Frauen das Leben schwer zu machen.» Sprüche wie diese gehen derzeit auf Tiktok & Co. viral. Begleitet werden sie von Nicki Minajs Song «Anaconda» – einer Hymne selbstbewusster weiblicher Sexualität. Der Hashtag #womeninmalefields komplettiert den neuen Social-Media-Trend, zu Deutsch etwa: Frauen in Männerdomänen.

Auch in der Schweizer Politik ist der Hashtag angekommen. In einem Post der SP Frauen Schweiz steht auf dem Bild von SP-Politikerin Tamara Funiciello: «Ich frage ihn besorgt, ob er vielleicht zu emotional für die Politik ist.»

Ein Hashtag und seine Wucht

Für den neuen Trend schlüpfen Frauen in Männerrollen und machen absurde, sexistische oder verletzende Sprüche, um Männern so den Spiegel vorzuhalten.

Die Beiträge entlarven den alltäglichen Sexismus und manipulative Verhaltensweisen – mit Witz, Leichtigkeit und viraler Wucht.

Offenbar trifft der Trend einen Nerv. In den Kommentarspalten herrscht kollektives Kopfnicken: «Haben wir alle denselben Mann gedatet?», fragt eine Nutzerin. Natürlich nicht. Aber genau das zeigt die Stärke von #womeninmalefields: Viele Frauen teilen nämlich ähnliche Erfahrungen. Der Trend zeigt, wie tief die Dynamiken in den sozialen Strukturen verankert sind.

Manchmal ist die beste Waffe gegen Sexismus einfach, ihn lächerlich zu machen. Wer empfindlich darauf reagiert, bekommt nochmal einen oben drauf: «Wenn er sich vom aktuellen Trend, wo Frauen öffentlich ihre kollektiven Traumata aufarbeiten, angegriffen fühlt und ich ihm antworte mit ‹naja, aber nicht alle Frauen!›»

Von Kritik bis Trotz

Doch nicht alle reagieren begeistert. Unter dem Gegen-Hashtag #meninfemalefields machen sich Männer ebenfalls über geschlechterstereotype Verhalten lustig. Ein Nutzer schreibt: «Ich poste ein Bild, auf dem ich fast nackt bin, und sage meiner Freundin: ‹Das ist nur für mich, nicht für die Aufmerksamkeit anderer Frauen.›» Oder: «Eine echte Frau zahlt für das Date #meninfemalefields.»

Während einige Männer die Botschaft reflektieren, verfehlen andere den Kern: Sie sehen den Trend als Angriff statt als Einladung zur Einsicht – und bestätigen damit ungewollt die Kritik. Unter vielen dieser Posts: kollektives Kopfschütteln.

Algorithmische Eintagsfliege?

Und wieder einmal haben wir es mit einem Social-Media-Protestchen zu tun, der die Frage aufwirft: Ändert das etwas? Erreicht der Trend wirklich die, die er erreichen soll – oder predigt er vor allem den ohnehin schon Bekehrten?

Klar ist: #womeninmalefields schafft Bewusstsein. Mit Humor als Werkzeug wird Sexismus greifbarer gemacht. Zwar wird er nicht abgeschafft, aber sichtbar – ein wichtiger Anfang. Wie so oft in den sozialen Medien gesellt sich zur Aufklärung aber auch schnell die Polarisierung: Männer gegen Frauen, Frauen gegen Männer – eine Dynamik, die weniger versöhnt, als spaltet.

Immerhin bleibt die Einsicht, dass virale Trends vielleicht nicht die Welt verändern – aber den Raum schaffen können, sie anders zu sehen.

Radio SRF2 Kultur, Kultur-Aktualität, 28.11.24, 16:30 Uhr.

Meistgelesene Artikel