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Philosoph Daniel Dennett Ein Gott für Atheisten

Für Daniel Dennett hat der Mensch nichts Rätselhaftes an sich. Alles sei naturwissenschaftlich erklärbar, sagt der Philosoph. Wo bleibt da der Geist? Und wo die Freiheit?

Mit seinem weissen Rauschebart und dem selbstgeschnitzten Gehstock sieht er aus wie Gott persönlich. Passender wäre jedoch: wie Charles Darwin.

Der 75-jährige Starphilosoph Daniel Dennett sagt nämlich von sich selbst, er sei ein Roboter, konstruiert im Laufe der Evolution. Für Dennett gibt es nichts Übernatürliches. Alles ist prinzipiell naturwissenschaftlich erklärbar, auch unser Bewusstsein.

Das Ich ist nur eine Illusion

Gefühle und Gedanken seien, ebenso wie unser Ich, nichts weiter als Illusionen, die das Gehirn erzeuge, um einfacher funktionieren zu können. Der Geist sei letztlich nicht mehr als das Gehirn und somit ein Produkt der Evolution.

Zur Person

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Legende: imago/ZUMA Press

Daniel Dennett ist ein US-amerikanischer Philosoph und gilt als führender Vertreter der Philosophie des Geistes. Er ist Professor für Philosophie und Direktor des Zentrums für Kognitionswissenschaft an der Tufts University bei Boston.

Dennett ist einer der einflussreichsten Philosophen weltweit. Er ist Atheist, Darwinist und Materialist. Für ihn sind wir Menschen nicht mehr als ein komplexes Stück Materie, den Naturgesetzen unterworfen.

Entzauberung der Philosophie

Doch im Rahmen dieses naturalistischen Weltbildes drängen sich so manche philosophischen Fragen auf: Wie können aus materiellen Vorgängen im Gehirn Gefühle entstehen?

Wie können wir Menschen frei sein, wenn unser Denken vom Gehirn abhängt? Und woher weiss Dennett eigentlich, dass es keinen Gott gibt?

Gott? Keine gute Idee

Auf die Gottesfrage hat der Meisterdenker eine verblüffend einfache Antwort: Wir können tatsächlich niemals sicher sein, dass es Gott nicht gibt. Aber wir können auch nicht sicher sein, dass es keine Kobolde, Elfen und Feen gibt.

Dennoch sollten wir nicht an sie glauben. Nach Dennett fehlen uns dazu schlicht die guten Gründe. Er gibt zwar zu, dass die Religion in den Anfängen der Menschheit einen Nutzen hatte.

Sie förderte den sozialen Zusammenhalt und half, mit unerklärlichen Phänomenen umzugehen. Doch heute seien wir einen grossen Schritt weiter und sollten uns von der «Krücke» der Religion lösen.

Eine Täuschung des Gehirns

Dennett ist der grosse Entzauberer der Philosophie. Er sieht in den Rätseln der Menschheit nur eine Handvoll Zaubertricks.

Auch das menschliche Bewusstsein sei letztlich bloss eine Täuschung. In Wahrheit seien unsere Wahrnehmungen, Gefühle und Gedanken nur eine Illusion, die das Gehirn erfunden habe, um einfacher und erfolgreicher arbeiten zu können.

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Die Magie unter der Oberfläche

Dennett vergleicht unser Bewusstsein gerne mit der Benutzeroberfläche eines Computers oder Handys: eine nützliche Illusion.

Die wahre Magie spiele unter dem Display, im Gewusel des Gehirns, wo Milliarden von kleinen Biorobotern ums Überleben kämpfen.

Was vom freien Willen übrig bleibt

Wir Menschen sind nach Dennett das Produkt eines evolutionären Kampfes, der heute noch in jedem von uns stattfindet: Diverse Kräfte ziehen uns in unterschiedliche Richtungen, wobei das stärkste Motiv gewinnt.

Und obwohl die Gehirnvorgänge – und damit auch unser Geist – durch Naturgesetze determiniert sind, könne unser Wille frei sein, meint Dennett. Wichtig für die Freiheit sei bloss, dass die antreibenden Motive unsere eigenen sind und keine fremden.

Menschliche Roboter

Daraus folgt, dass Roboter eines Tages einen freien Willen haben können. Für Dennett ist das keine Überraschung.

Schliesslich glaubt er auch, dass sie Gedanken, Wünsche und Gefühle haben können. Wie wir. Denn letztlich sind wir Menschen ja auch nur biologische Roboter.

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