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Was sagen US-amerikanische Kulturinstitutionen zu «black lives matter»?
Aus Kultur-Aktualität vom 16.06.2020. Bild: KEYSTONE/AP Photo/Mary Altaffer
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Reaktionen der US-Kulturhäuser Kaum Kapazitäten für #BlackLivesMatter

Überraschend bedeckt: So verhielten sich die grossen Kulturinstitutionen der USA zu den aktuellen #BlackLivesMatter-Protesten. Allmählich aber positionieren sich Museen und Theater – manche mit Floskeln, manche mit praktischen Aktionen.

Die konservativen Geldgeber der Kulturinstitutionen schweigen sich jedoch nach wie vor aus, berichtet New York-Kulturkorrespondentin Sacha Verna.

Sacha Verna

Sacha Verna

Kulturjournalistin

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Sacha Verna, 1973 in Zürich geboren, lebt seit 2001 als freie Journalistin in New York. Sie schreibt für verschiedene Medien.

SRF: Wie reagieren die Kulturinstitutionen in den USA auf die #BlackLivesMatter-Proteste?

Sacha Verna: Am Anfang herrschte Schweigen. Jetzt gibt es mehr und mehr Reaktionen.

Diese reichen von Plattitüden via Websites wie zum Beispiel «Die Getty-Community ist traurig» vom Getty Museum in Los Angeles bis zu praktischen Massnahmen wie in New York: Viele Off-Broadway-Theater und auch das Brooklyn Museum haben ihre Lobbys und Toiletten für Demonstranten geöffnet, damit diese vor dem Tränengas der Polizei Schutz suchen können.

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Das sind ja eher kleine Gesten. Warum diese späte und zögerliche Reaktion der Kulturwirtschaft?

Die allermeisten dieser kulturellen Institutionen sind immer noch geschlossen. Gerade in New York steht es in den Sternen, wann sie wieder öffnen werden. Die Metropolitan Opera zum Beispiel oder die New York Philharmonic haben ihr gesamtes Programm bis Ende Jahr gestrichen.

Diese Institutionen sind im Augenblick primär damit beschäftigt, einen Ausweg aus der Coronakrise zu finden. Oft fehlt ihnen daher schlicht die Kapazität, sich auch noch eine Strategie für den Umgang mit #BlackLivesMatter zurechtzulegen.

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In den USA sind private Mäzene besonders wichtig für die Kultur. Melden sich diese Gönner der Kulturinstitutionen derzeit zu Wort?

Im Gegenteil – sie beissen sich lieber auf die Zunge. Für viele dieser millionenschweren Geldgeber sind die prestigeträchtigen Sitze in den Vorständen von ebenso prestigeträchtigen Kulturinstitutionen die angenehmste Art, sich von jeder weiteren Verantwortung zu drücken.

So ist es etwa für den Gründer des Modelabels GAP einfacher, jedes Jahr ein paar Millionen Dollar ans San Francisco Museum of Modern Art abzugeben, als sich mit dem Rassismus im eigenen Unternehmen zu beschäftigen. Es ist einfacher, seinen Namen gross zu den Sponsoren von Programmfenstern für Minderheiten hinzuzufügen, als die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen zu ändern, denen man das eigene Vermögen überhaupt verdankt.

Der Bürgermeister von New Work hat bereits drastische Kürzungen im Kulturbereich angekündigt. Das heisst: Ohne private Gelder keine Kultur.

Bis jetzt hat das für alle hervorragend funktioniert. Denn wenn eine Stadt wie etwa New York von Institutionen verlangt, dass sie gewisse Kriterien der Diversität und Inklusion erfüllen müssen, um finanzielle Unterstützung zu erhalten, ist das im Grunde lachhaft. Allein um die Lichter anzubehalten, braucht etwa die Metropolitan Opera 300 Millionen Dollar. Im Vergleich dazu: Die Stadt verteilte zuletzt 212 Millionen Dollar an die hunderten von Kulturzentren, die es in der Stadt gibt.

Angesichts des Defizits von neun Milliarden, das der Stadt coronabedingt blüht, hat der Bürgermeister von New Work bereits drastische Kürzungen im Kulturbereich angekündigt. Das heisst: Ohne private Gelder keine Kultur. Das gilt für die ganzen USA.

Das Gespräch führte Raphael Zehnder.

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur aktuell, 16.06.2020, 06:50 Uhr;

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