Männliche Töchter, weibliche Söhne: Fa’afafine
In gewissen Gesellschaften Polynesiens, vor allem in Samoa, kennt man das Geschlecht «Fa’afafine». Das sind biologisch Männer, die sich aber stark mit der weiblichen Geschlechterrolle identifizieren. Das Besondere in diesem Kulturkreis: Söhne werden zu «Fa’afafine» erzogen, wenn Familien zu wenig Töchter haben.
Ihre Aufgaben sind klar definiert: Sie unterstützen die Familie, kümmern sich um die Kinder und den Haushalt. Der Begriff «Fa’afafine» heisst übersetzt «wie eine Frau». Auch wenn meist Männer ihre Sexualpartner sind, werden sie nicht als homosexuell bezeichnet.
Männliche Frauen und weibliche Männer: Two Spirit
In vielen nordamerikanischen Indianerstämmen kennt man ein drittes Geschlecht. «Two Spirit» bezeichnet biologische Männer, die sich nach der Pubertät entscheiden, weibliche Aufgaben zu übernehmen. Und biologische Frauen, die Männerarbeiten erledigen wollen.
«Two Spirit»-Männer waren oft Heiler und «Two Spirit»-Frauen Kriegerinnen oder gar Häuptlinge. Partnerschaften gingen sie mit Leuten ein, die das gleiche biologische Geschlecht hatten.
Die Indianer, die das «Zwei-Seelen-Konzept» kannten, waren der Meinung, dass eine Verbindung dann am besten funktioniert, wenn ein Teil die traditionelle Frauenarbeit übernimmt und der andere die traditionelle Männerarbeit.
Sie darf fluchen und Waffen tragen: die Burrnesha
In kleineren Regionen im Kosovo, Serbien und Montenegro findet sich noch heute die Tradition der «Burrneshas». Im Englischen werden sie auch «Sworn Virgings» genannt. Sie sind biologische Frauen, die ein Keuschheitsgelübde ablegen, Männerkleidung tragen und auch wie solche behandelt werden.
In der patriarchalen Gesellschaft dürfen sie fluchen und Waffen tragen. Eine Tochter wird zur «Burrnesha» bestimmt, wenn der Familie ein männlicher Erbe fehlt. Die Tradition der «Eingeschworenen Jungfrauen» besteht seit dem 15. Jahrhundert, wird heute aber zunehmend rarer.
Die «kleine Mann-Frau»: Femminiello
Neapolitaner bezeichnen mit «Femminiello» einen Menschen mit dem männlichen biologischen Geschlecht, der sich wie eine Frau kleidet und weibliche Geschlechterrollen übernimmt.
Traditionellerweise kommen «Kleine Mann-Frauen», wie es in der Übersetzung heisst, aus ärmlichen Bezirken. Da man den «Femminielli» nachsagt, dass sie Glück bringen, lässt man sie Neugeborene halten und schätzt ihre Nähe bei Glücksspielen wie Bingo.
Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert genossen sie einen privilegierten Status, da man das Dasein der «Femminielli» mit der griechischen Mythologie verband. Die Gestalt Hermaphroditos, die die Schönheit der Mutter und die Stärke des Vaters besass, gilt als Vorbild.
Das «dritte Geschlecht»: die Hijras
Sie gelten in vielen Gesellschaften Südasiens als drittes Geschlecht, wurden aber biologisch als Mann geboren. Früher wurden Hijras oft kastriert. Sie leben in einer Gemeinschaft und verehren die Göttin «Bahnchara Mata».
Der Legende nach kastrierte diese ihren Ehemann, weil er es vorzog in den Wald zu gehen und sich als Frau zu verkleiden, anstatt mit ihr das Ehebett zu teilen.
Traditionell verdienen die Hijras ihren Unterhalt durch das Tanzen oder die Segnung von Hochzeiten, Hauseinweihungen oder der Geburt von Söhnen.