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«Roger, over» In Krisenzeiten ist Amateurfunk oft der letzte Funken Hoffnung

Es gibt ihn noch: den Schweizer Amateurfunk. Und in Krisensituationen ist er zentral. Dennoch kämpft die Szene mit Störgeräuschen und Frequenzmangel.

16 Antennen stehen um ein Haus im solothurnischen Grindel verteilt: Das Zuhause von René Lutz und Carine Kalbermatten ist einfach zu finden. Zusammen mit seiner Frau betreibt der 51-jährige René Lutz ein Elektrofachgeschäft. Zudem bieten sie Kurse und Workshops für Amateurfunk an.

Seit Corona im Aufwind

Rund 5200 Menschen sind aktuell in der Schweiz im Besitz einer Funkamateur-Lizenz, 95 Prozent davon sind männlich. Während und kurz nach der Corona-Pandemie sei das Bakom (Bundesamt für Kommunikation) regelrecht überrannt worden mit Anfragen, sagt René Lutz. «Im Lockdown wollten viele Leute ihr altes Hobby auffrischen.»

Der Selbstversuch zeigt, dass Amateurfunken eine unerwartet unterhaltsame Angelegenheit ist. Innerhalb kürzester Zeit entstehen Gespräche mit Menschen in Frankreich, Schottland und Schweden.

Aus Katastrophen-Filmen wissen wir, dass ein Funkgerät hilfreich sein kann, wenn sonst nichts mehr geht in Sachen Kommunikation. Doch das ist nicht nur in Filmen so.

Wichtige Kommunikation in der Krise

Als im Sommer 2021 in Deutschland der Fluss Ahr über die Ufer tritt, bricht die ganze Infrastruktur zusammen. Strom und Handynetz fallen komplett aus. Nur dank Funkamateuren kann die Kommunikation ins Krisengebiet aufrechterhalten werden.

Auch wenn der Amateurfunk in Krisensituationen eine zentrale Rolle spielt, wird er aktuell von mehreren Seiten bedrängt. Radiostationen, Militär, Polizei, Schifffahrt, Mobiltelefonie, Züge und diverse andere beanspruchen Frequenzen für ihre Kommunikation.

Amateurfunk vs. CB-Funk

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CB (Citizens Band Radio) wird auch Jedermannfunk genannt. Im Gegensatz zum Amateurfunk darf CB-Funk ohne Prüfung betrieben werden und wird für kürzere Distanzen verwendet. Wer eine Amateurfunklizenz möchte, muss beim BAKOM eine Prüfung ablegen. Beim CB-Funk sind die Kanäle oft voreingestellt.

Funkamateure hingegen sind Tüftler, die technische Herausforderungen lieben und ihre Verbindung selbst herstellen wollen. CB-Funk war in den 1980er- und 1990er-Jahren in der Schweiz extrem populär, z.B. in der Form von Walkie-Talkies.

Weil die Nutzung stetig zunimmt, wird es eng in den Frequenzbereichen, sodass es auch mal zu Störungen kommen kann. Funkamateure ärgern sich regelmässig darüber, dass vorüberfahrende Züge ihre Verbindung stören.

«Antennenfeindlichkeit» auf dem Vormarsch

Störgeräusche sind aber nicht das einzige Übel. «Seit 5G-Antennen für den Mobilfunk aufgestellt werden, hat die ‹Antennenfeindlichkeit› stark zugenommen», sagt René Lutz. Dabei würden 5G-Antennen mit den Antennen von Funkamateurstationen in den gleichen Topf geworfen.

Die Schweiz hat eine umtriebige Funkamateurszene

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Es wird bei Weitem nicht nur zuhause im stillen Kämmerchen gefunkt. In der ganzen Schweiz existieren rund 100 Vereine, die regelmässig Stammtische, Vorträge, Exkursionen, Basteltage und Funk-Wettbewerbe durchführen. Der Dachverband sämtlicher Vereine, die USKA (Union Schweizerischer Kurzwellen-Amateure), gibt alle zwei Monate das zweisprachige Magazin HB Radio heraus.

Es gibt aber wesentliche Unterschiede: Während 5G-Antennen immer und mit hoher Leistung strahlen, strahlen Amateurfunk-Antennen mit viel kleinerer Leistung und nur dann, wenn gefunkt wird.

Bundesbern pro Amateurfunk

Weil die Antennenfeindlichkeit zugenommen hat, hat sich sogar Bundesbern eingeschaltet. Die Schweizer Regierung ist sich bewusst, wie wichtig und nötig Funkamateure in Krisenlagen sein können.

Das eidgenössische Parlament verabschiedete 2021 ein Gesetz, mit dem das Aufstellen von Funkamateur-Aussenantennen einfacher wird. Das Gesetz ist ein Zeichen der Anerkennung, das nicht nur René Lutz, sondern die ganze Funkamateurgemeinde gefreut haben dürfte.

Radio SRF 2 Kultur, Passage, 29.3.2024, 20:00 Uhr.

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